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Wo leben meine Namensvettern?

Onomastik ist nichts Fieses. Im Gegenteil: Dieser Zweig der Sprachwissenschaft bringt sehr vergnügliche Sachen zustande. Sehr nett sind zum Beispiel Websites, auf denen man sich die Verbreitung von Familiennamen anschauen kann. Gucken Sie sich doch mal an, wo sich Ihre Namensvettern tummeln …

Zwei solcher Websites können wir Ihnen empfehlen:

Forebears zeigt die Namensverbreitung auf der Grundlage von Daten sowohl weltweit als auch deutschlandweit an. Außerdem werden die statistischen Ergebnisse mithilfe künstlicher Intelligenz in Sätze gepackt. Wie wenig verlässlich die Daten allerdings sind, sieht man beim Blick auf Details: Zum Beispiel wird angegeben, wie wahrscheinlich es ist, dass jemand eines bestimmten Namens zu den Demokraten oder zu den Republikanern tendiert: „In The United States those holding the Schneider last name are 14.52% more likely to be registered Republicans than The US average, with 61.29% registered with the party.“ Und auch die Einkommens-Schätzung steht wohl eher auf wackligen Beinen: „The amount Schneider earn in different countries varies greatly. In Norway they earn 27.87% more than the national average, earning 442,536 kr per year; in Peru they earn 464.43% more than the national average, earning S/. 109,415 per year.” Nun ja, auf die Zuverlässigkeit dieser Daten würden wir vom ZEILEN|HACKER keine Wetten abschließen.

Geogen zeigt die Namensverteilung nur in Deutschland, aber das sehr schick. Man sieht die Verbreitung eines Namens auf der Deutschlandkarte (in unserem Screenshot alle, die „Merkel“ heißen) und an der Höhe der Stapel auch die Häufigkeit. Man kann die Karte mit Links bzw. Rechtsklick auch drehen oder verschieben und mit dem Scrollrad vergrößern. Beim Klick auf eine links eingeblendete Landkarte kann man sich auch die Verteilung auf Landkreise anschauen. Ein sehr schöner Service, wie wir finden!

Vorsicht, Verwechslungsgefahr bei Vereinen!

Institute und Vereine zur Deutschen Sprache gibt’s etliche, und viele tragen recht offiziell klingende Namen. Der mitgliederstärkste Verein, dem auch viele namhafte Promis angehören, erregt immer wieder die Gemüter. Wir halten die Organisationen mal sauber auseinander!

Allgemeiner Deutscher Sprachverein
Dieser Verein wurde 1885 in Braunschweig gegründet und hatte sich der Bekämpfung von Fremdwörtern im Wortschatz der deutschen Sprache verschrieben. Mit wechselhaftem Erfolg: In manchen Bereichen gelang es ihm durchaus, Fremdwörter auszumerzen, zum Beispiel im Verkehrswesen (etwa „Fahrkarte“ statt „Billett“ oder „Bahnsteig“ statt „Perron“). Viele Eindeutschungsversuche gingen den Menschen aber auch zu weit oder erschienen ihnen lächerlich. Paradoxerweise endete der Verein unter Hitler. In einem Minister-Erlass von 1940 heißt es wörtlich: „Der Führer wünscht nicht derartige gewaltsame Eindeutschungen und billigt nicht die künstliche Ersetzung längst ins Deutsche eingebürgerter Fremdworte.“ Rechtsnachfolgerin des ADSV wurde die Gesellschaft für deutsche Sprache, deren Ziel jedoch keineswegs die Abschottung des deutschen Vokabulars ist.

Gesellschaft für deutsche Sprache
Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) soll die deutsche Sprache pflegen und erforschen sowie ihre Funktion im globalen Zusammenhang erkennbar machen. Finanziert wird sie hauptsächlich von der deutschen Kultusministerkonferenz und dem Kulturstaatsminister. Die GfdS unterhält einen Sprachberatungsdienst, der Privatpersonen, Firmen, Behörden und Institutionen bei Fragen zu Rechtschreibung, Grammatik oder Stil unterstützt. Die GfdS wählt jährlich sehr publikumswirksam die „Wörter des Jahres“ und berät Bundestag und Bundesrat sowie Ministerien und Behörden der Länder in Sprachfragen. Nach eigenen Angaben hat die GfdS rund 3.000 Mitglieder.

Verein Deutsche Sprache
Mit mehr als 36.000 Mitgliedern ist der Verein Deutsche Sprache mehr als zehn Mal so zahlreich wie die GfdS. Man sollte den VDS aber schon deshalb nicht mit den anderen verwechseln, weil er in den vergangenen Jahren immer wieder in Zusammenhang gebracht wurde mit Positionen der AfD und anderen Akteuren des rechten Spektrums. 2016 protestierten 30 SprachwissenschaftlerInnen beim Deutschen Hochschul-Verband, weil der seinem Magazin „Forschung & Lehre“ das VDS-Blatt „Sprachnachrichten“ beigelegt hatte. Der VDS bediene immer wieder nationalistische Tendenzen, heißt es in dem Brief unter anderem, und: „Die provokanten und teils politisch gefährlichen Thesen des Vereins haben wenig bis nichts mit (Sprach-)Wissenschaft zu tun. Im Gegenteil: Sie widersprechen größtenteils den Erkenntnissen der Linguistik.“ Gleichwohl hat der VDS sehr prominente Unterstützer, unter anderem Dieter Hallervorden, Ottmar Hitzfeld, Hape Kerkeling, Peter Kraus, Jürgen von der Lippe, Christian Quadflieg oder sogar Stilistik-Experten wie Wolf Schneider oder Bastian Sick. In den letzten Jahren war der VDS immer dann in den Schlagzeilen, wenn es um sprachliche Gleichberechtigung ging. Seinem Aufruf „Schluss mit dem Gender-Unfug!“ schlossen sich auch einige namhafte SchriftstellerInnen an. Gegründet wurde der VDS 1997 als „Verein zur Wahrung der deutschen Sprache“. 2000 wurde er in „Verein Deutsche Sprache“ umbenannt.

Institut für deutsche Sprache
Das Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim hat die Aufgabe, die deutsche Sprache zu dokumentieren und zu erforschen. Das IDS verfügt über die größte existierende Sammlung von Tonaufnahmen und den größten deutschsprachigen Textkorpus (mehr als 43 Milliarden Wörter). Das IDS wird jeweils zur Hälfte vom Bund und vom Land Baden-Württemberg getragen. Seit 2019 gehört das IDS zur Leibniz-Gemeinschaft und heißt offiziell Leibniz-Institut für Deutsche Sprache. Das IDS beschäftigt rund 225 Mitarbeiter, davon sind über 100 wissenschaftliche Angestellte.

Rat für deutsche Rechtschreibung
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat vor allem die Aufgabe, das Regelwerk des Deutschen weiterzuentwickeln. Der Rat gehört eben nicht zu Deutschland, sondern er ist ein zwischenstaatliches Gremium der Länder, in denen Deutsch gesprochen wird. Er formuliert das amtliche Regelwerk für die deutsche Rechtschreibung, das dann von privaten Verlagen (wie dem Duden) interpretiert und in größerem Rahmen veröffentlicht wird. Im Rechtschreibrat stimmen rund 40 Experten aus 7 Ländern und Regionen über alte und neue Regeln ab. Neben WissenschaftlerInnen sind auch SprachpraktikerInnen ehrenamtlich für den Rat tätig.

Geschmacklos durch Dativ

Schon kleine grammatikalische Fehler können die Aussage böse verdrehen. Das erfuhr Ralf Stegner (SPD) kürzlich am eigenen Leib. In einem Tweet hatte er den Islam – ganz versehentlich – als Geschmacklosigkeit bezeichnet …

Zigtausende Twitter-Meldungen hat Ralf Stegner schon abgesetzt. Ein paar waren dabei, die er bereut hat – kürzlich kam wieder eine hinzu, anlässlich des Sarrazin-Parteiausschlusses:

Tweet von Ralf Stegner (SPD) zum Parteiausschluss von Thilo Sarrazin

Jedem ist klar: Diese Geschmacklosigkeit ist ein grammatikalisches Versehen. Stegner wollte natürlich ausdrücken, dass Thilo Sarrazin außer seinen „Ergüssen“ zu Flüchtlingen oder dem Islam auch noch andere Geschmacklosigkeiten von sich gebe. Hier reiht aber Stegner selbst den Islam und die Flüchtlinge als Geschmacklosigkeiten ein. Schwamm drüber, so etwas passiert eben auch studierten Germanisten, ehemaligen Pressesprechern und sogar Harvard-Absolventen – Stegner ist alles in einer Person!

Wo genau lag nun der Fehler?
Die Präposition „für“ fordert den Akkusativ, während „zu“ den Dativ verlangt – Ergüsse „zu wem oder was?“ Stegner setzt, indem er „anderen“ schreibt, die Flüchtlinge und den Islam in eine Reihe mit „anderen“ Geschmacklosigkeiten. Stattdessen hätte er „für wen oder was?“ fragen und demzufolge „andere“ schreiben müssen. Oder einfach einen klareren Satz bilden!

Der schöne Blocksatz muss auf die Anklagebank!

Abbildung zum Blocksatz

Abbildung zum BlocksatzBlocksatz oder Flattersatz? Schöner finden viele ja den Blocksatz. Redakteur*innen jedoch wissen: Der Blocksatz neigt dazu, kriminell zu werden. Wir plädieren in drei Anklagepunkten gegen ihn!

Punkt 1: Blocksatz treibt die Wörter auseinander!

Beim Flattersatz ist der Abstand zwischen den einzelnen Wörtern immer genau gleich groß. Daran gewöhnt sich das Auge der LeserIn. Und weil das Auge sich daran gewöhnt, kann es leichter lesen. Flattersatz liest man also schneller als Blocksatz – es sei denn, man hat beim Blocksatz die Silbentrennung am Zeilenende eingeschaltet. Aber selbst dann: Die ungleichen Zeilenenden beim Flattersatz erleichtern dem Auge den Sprung zwischen den Zeilen und geben ihm Orientierung. Was also die Lesegeschwindigkeit angeht, hat der Blocksatz keine Chance!

Punkt 2: Silbentrennung erzeugt Fehler und verlangsamt das Lesen!

Wer den Blocksatz wählt und die Silbentrennung einschaltet, riskiert, gleich zwei Fehler auf einmal zu machen. Erstens klappt die nämlich nicht, heraus kommen dann so fiese Sachen wie Fachar-beiter, Ge-nomeditierung, Drucker-zeugnis, Urin-stinkt und so weiter. Semantik ist eben nicht die Sache des Computers. Aber was zweitens noch viel schlimmer ist: Texte sind ja oft dafür gedacht, von einem Dokument ins andere zu wechseln. Und dabei rutschen dann sehr gern die Trennungen in die Zeilenmitte. Das haben Sie bei Anzeigenblättchen bestimmt auch schon gesehen – oder inzwischen sogar bei Tageszeitungen. Nee, Silbentrennung wird höchstens in einem von zehn Fällen professionell durchgeführt – in den anderen neun Fällen kommt Pfusch heraus.

Punkt 3: Im Netz klappt’s erst recht nicht mit Blocksatz!

Vielleicht haben Sie schon mal gehört, dass die meisten Websites inzwischen „responsiv“ sind. Das heißt, dass sich die Seiten an die Endgeräte anpassen. Super, oder? Das funktioniert aber bloß mit Flattersatz. Bei Blocksatz-Texten, die auf eine responsive Website wandern, wird’s im Netz richtig hässlich! Da hören dann die Zeilen mittendrin auf und fangen gottweißwo wieder an – überall Lücken und falsche Trennungen und verlorene Striche und so weiter.


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Unterm Strich kommen wir zu dem Ergebnis: Machen Sie gern Blocksatz, wenn Sie ihn schöner finden. Aber sagen Sie nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt!

Wie heißt dieses Ding?

Schattenriss eines Tasers

Schattenriss eines TasersWie würden Sie das Gerät auf unserem Bild nennen? Sie kennen es bestimmt, denn es ist oft in der Presse: Damit werden Leute außer Gefecht gesetzt, indem man ihnen Stromstöße verabreicht. Die Polizei tut sich offiziell jedoch sehr schwer damit, die Sache beim Namen zu nennen …

Als Sony vor 40 Jahren seinen ersten „Walkman“ auf den Markt brachte, versuchten sich viele Leute daran, einen geeigneten deutschen Begriff dafür zu finden. „Tragbarer Kassettenspieler“ war so ein Versuch. Durchgesetzt hat sich natürlich doch der Begriff „Walkman“, wie so oft bei neuen Produkten aus dem Ausland.

Seit fast 50 Jahren entwickelt der US-Amerikaner Jack Cover seine „Taser“. Das sind diese Geräte, die mit Stromstößen andere Menschen außer Gefecht setzen. Auch in Deutschland hat sich der Begriff „Taser“ in weiten Teilen der Gesellschaft durchgesetzt, bereits seit 2006 steht der Begriff (abgeleitet von Jack Covers Firmennamen) im Duden.

Wenn sich allerdings die Polizei heutzutage offiziell zu diesem Thema äußert, dann spricht sie lieber von „Distanzelektroimpulsgeräten“, abgekürzt DEIG. Das ist zwar irgendwie deutscher und vielleicht formal korrekter, weil man keine Marke hervorhebt. Aber was hilft das, wenn keiner mehr versteht, was gemeint ist? Die Bedeutung bleibt wenigstens dann immer unklar, wenn nicht zugleich doch „Taser“ oder „Elektroschockpistole“ gesagt wird. Und was noch viel schlimmer ist: „Distanzelektroimpulsgerät“ verharmlost die Wirkung dieser Waffen doch sehr.

Es ist ein bisschen wie bei dem Wort „Fahrtgeschwindigkeitsanzeiger“, über den wir in unseren Seminaren immer mal wieder sprechen. Mit diesem umständlichen Terminus hat man in Behörden früher versucht, das griechische Lehnwort „Tacho“ zu vermeiden. Über kurz oder lang sind solche komplizierten Konstrukte aber zum Scheitern gegenüber kürzeren und konkreteren Wörtern verurteilt.

Sooft und soweit und solang und sosehr und soviel und so weiter

Fußballer schießt ein S und zwei O vor sich her.

Fußballer schießt ein S und zwei O vor sich her.Finden Sie auch, dass das Wort „sooft“ doof aussieht? Leider ist es aber manchmal die einzig richtige Schreibweise. Nämlich dann, wenn „so oft“ falsch ist. Dasselbe gilt für die anderen Wörter in der Überschrift. Wir erklären Ihnen die Regel dazu, in zwei Minuten haben Sie’s drauf!

Immer dann, wenn es sich um Konjunktionen (also Bindewörter) handelt, muss man sooft, sofern, solang, soweit, sosehr und soviel zusammenschreiben.
Beispiel:

Du kannst die Gummistiefel benutzen, sofern Du die Schuhe schonen willst.

Immer dann, wenn es sich nicht um Konjunktionen handelt (dann sind diese Wörter „adverbiale Fügungen“), muss man die Wörter auseinander schreiben: so oft, so fern, so lang, so weit, so sehr, so viel.
Beispiel:

Nichts lag ihm so fern wie diese Idee!

Wer Schwierigkeiten hat, den grammatikalischen Unterschied zu erkennen, kommt auch mit Sprachgefühl ans Ziel: Immer dann, wenn man ein langes „soooo“ sagen könnte, darf man die Wörter nicht zusammen schreiben! Probieren Sie diese Faustregel mal an den beiden obigen Beispielen aus: „Soooo“ kann man nur im zweiten Beispiel sagen.

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Unterm Strich merken wir uns: Wenn man das „sooo“ dehnen kann, muss man auseinander schreiben!

Eine Ausnahme ist übrigens „sodass/so dass“: Hier machen Sie es immer richtig, wenn Sie die Wörter auseinander schreiben!

Eine Kurzgeschichte in sechs Wörtern, geht das?

Babyschühchen auf rosa Hintergrund

Babyschühchen auf rosa HintergrundAngeblich ist es eine Shortstory von Ernest Hemingway. Millionen von Menschen kennen sie auswendig. Kein Wunder: Sie hat ja auch nur sechs Wörter. Aber: Die Geschichte wird dem falschen Autor zugeschrieben …

Dutzende von Filmemachern haben die berühmte Geschichte aufgegriffen, man kann sie sich bei YouTube in diversen Varianten ansehen. Im Abspann steht oft: „Based on a short novel by Ernest Hemingway”. Das ist allerdings Quatsch, selbst wenn es in der deutschen Wikipedia ebenso steht wie auf unzähligen anderen Seiten.

Die Legende will es wie folgt: Ernest Hemingway habe mit anderen Schriftstellern zu Mittag gegessen und dabei behauptet, er könne eine Kurzgeschichte schreiben, die nur sechs Worte umfasse. Als die Kollegen dies bezweifelten, habe Hemingway um jeweils zehn Dollar gewettet, dass er sie überzeugen könne. Als die Einsätze standen, habe er sechs Wörter auf eine Serviette geschrieben und sie den Kollegen gereicht:

For sale: baby shoes, never worn.

Natürlich ist diese Anekdote stark, anrührend sogar. Eben deshalb hat sie sich ja auch so weit verbreitet. Unter dem gleichnamigen Titel wurde inzwischen alles Mögliche veröffentlicht: Filme, Lieder, Kurzgeschichtensammlungen und so fort. Auf unterschiedlichem Niveau. Aber schon vor Jahren haben amerikanische Journalisten erfolgreich widerlegt, dass die Geschichte von Hemingway stammt: Der Plot, der Titel (und somit fast die ganze Story) waren jedenfalls schon 1917 in einer Publikation für Literaturschaffende erwähnt worden, von einem Herrn namens William R. Kane. 1917 war Ernest Hemingway übrigens erst 18 Jahre alt.

Wegen der erwähnten Legende gilt Hemingway ganz nebenbei auch als Gründer der sogenannten „Flash Fiction“, einer besonders kurzen Spielart der Kurzgeschichte. Meist geht es dabei aber nicht darum, in 140 Zeichen beziehungsweise Twitter-Länge eine bemerkenswerte Story zu erzählen. Sondern man muss unter 1.000 oder vielleicht auch mal 2.000 Zeichen bleiben. Zum Vergleich: Kafkas „Der Steuermann“ zum Beispiel hat 1.200 Zeichen und müsste demzufolge auch als „Flash Fiction“ gelten.

Sehr viel Aufmerksamkeit erzielte vor einigen Jahren der Werbefilmregisseur Florian Meimberg mit seinen „Tiny Tales“, die maximal 140 Zeichen hatten und mit maximal drei Sätzen auskamen. Einige davon kann man sich im Buch-Trailer auf YouTube vorlesen lassen oder inzwischen sogar als Filmchen angucken. Ein paar sehenswerte davon zeigen wir hier in dreieinhalb Minuten – samt Text im Untertitel:

https://www.youtube.com/watch?v=1D17c12_LlI

Auch sehr spannend ist ein Projekt des „New Yorker“ aus dem letzten Jahr: Hier haben sich die Autoren etwas mehr Platz genommen und zum Teil wirklich originelle Geschichten geschrieben:

„A series of very short stories for the summer“

Was macht Bücher optimal lesbar? Zwei Forscher zeigen es auf einer Seite!

Das Buch „What makes a book readable“ von 1935 gilt als Meilenstein der Verständlichkeitsforschung. Noch heute werden William S. Gray und Bernice E. Leary von Wissenschaftlern zitiert. Wir haben mal reingeguckt und unseren Spaß gehabt …

So sieht die erste Text-Seite des Buches aus, das Vorwort nämlich:

Hier wird, nach heutigen Maßstäben, ja wohl eher gezeigt, was Bücher schlecht lesbar macht:

• keine richtige Überschrift
• viel zu wenige, dafür viel zu lange Absätze
• Schriftgröße zu gering
• schlecht lesbare Schriftart
• Zeilenabstand zu klein
• und vieles mehr …

Inhaltlich ist es übrigens absolut berechtigt, dass das Buch noch heute zitiert wird, vor allem wegen seines interessanten theoretischen Ansatzes: der Kategorisierung von Verständlichkeits-Kriterien. Für Gray und Leary kristallisierten sich in der Studie vier Faktoren heraus, die für die Lesbarkeit von Büchern entscheidend sind:

Der Faktor Inhalt erklärt sich von selbst, unter Stil verstehen die beiden vor allem Wortwahl, Satzbau und dergleichen, Organisation steht für solche Dinge wie Kapiteleinteilung, Überschriften, Zwischenüberschriften etc., während Format die Größe des Buches meint, Schriftgrößen, Druckqualität oder Papierbeschaffenheit.

Diese Kategorien sind aus heutiger Sicht immer noch plausibel. Es sind nach 80 Jahren der Forschung bloß einige weitere Faktoren hinzugekommen, nämlich Zielgruppenangemessenheit, Leseanreize, Verständlichkeitshilfen und die Prägnanz der Darstellung.

Außerdem liegt zwischen dem, was Gray und Leary Organisation und Format nennen, ein damals offenbar unterschätzter Faktor: die optische Logik. Und genau auf diesem Feld sehen das Buch und vor allem dessen erste Seite wirklich aus wie Ironie!

Jeder Fehler bringt Dich der Hölle näher. Aber manche schneller als andere!

Wer oft Texte redigiert, weiß: Nicht jeder Fehler ist gleich schlimm. Rechtschreibfehler zum Beispiel hat man schnell eliminiert. Andere Fehler dagegen verursachen richtig viel Mühe. Wir haben einmal eine „Treppe zur Hölle“ aufgebaut …

Von Stefan Brunn

Die Idee einer Fehlertreppe für Texte stammt nicht von uns. Wir haben die Idee von einer Abteilungsleiterin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammarbeit (GIZ), die die Metapher in ein Seminar einbrachte – wir haben die Treppe dann ausgebaut. Im oberen Bereich befinden sich die fahrlässigen kleinen und großen Fehler, von denen die inhaltlichen Fehler meist die schlimmsten sind. Schon ein Zahlendreher kann an wichtiger Stelle verheerend sein. Dagegen verblassen solche Dinge wie eine schlechte Wortwahl oder mangelhafter Satzbau.

Im unteren Bereich der Treppe geht’s dann schon richtig zur Sache, so etwas würden Sie und wir natürlich sowieso nie machen! ☺

Von einem Satz zum andern – bloß wie?

Sätze elegant miteinander zu verbinden, ist eine Kunst für sich. In Stilistik-Ratgebern gibt’s dazu meist unsystematische Tipps. Wir haben solche „Konnektoren“ mal übersichtlich in 3 Kategorien sortiert!

Von Hannah Molderings

Um Sätze oder Gedanken logisch miteinander zu verknüpfen, braucht es immer ein Gelenk. Dieses Gelenk steht zwischen zwei Sätzen und zeigt dem Leser ganz klar an, in welcher gedanklichen Richtung es weitergeht. So führt man ihn süffig durch den Text.

Im Wesentlichen gibt es 3 Gruppen solcher Gelenke:

1. Verbindungssätze
Um einen Gedanken an den anderen anzuknüpfen, nutzt man einen ganzen Satz.

Beispiel:
„So wie Müller geht es in Deutschland vielen Ingenieuren.“
[Vorher war natürlich von Müllers Problem die Rede.]

2. Satzfragmente
Ein Satzfragment zeigt die folgende Richtung des Textes an. Diese Satzfragmente lockern häufig auch den Rhythmus eines Textes gut auf.

Beispiel:
„In Berlin wohnen viele prominente Schriftsteller. Ein Beispiel: Cees Nooteboom hat eine Wohnung in …“

Ähnliche Satzfragmente: „Der Grund: …“, „Das bedeutet: …“, „Hintergrund: …“ etc.

3. Gelenkwörter
Konjunktionen kennen wir alle aus dem Deutschunterricht. Sie werden leider nur oft mitten im Satz verwendet – als Gelenkwörter müssen sie natürlich am Anfang stehen.

Beispiele:
deshalb, daher, dort, später, aber, außerdem etc.
„Wir haben die Kühe nicht mehr in der Scheune. Dort war es zu eng.“

Gelenkwörter sind aber nicht zwangsläufig Konjunktionen. Zum Beispiel kann man auch Pronomen verwenden und damit den Gedanken des letzten Satzes aufgreifen:
„Schnell rief er nach seiner Schwester. Sie antwortete sofort.“

Oder man verbindet zwei Sätze mit einer Wortwiederholung:
„Die Mitarbeiter reagierten verzweifelt. Verzweifelt war aber auch die Abteilungsleiterin.“

Oder man verwendet ein Synonym als Ankerwort:
„Die Bundesregierung verabschiedet neue Gesetze. An diese Regeln für das Leben in Deutschland müssen sich alle BürgerInnen halten.“

Ähnlich funktioniert das mit einem Antonym, also einem entgegengesetzten Wort:
„Über dieses Geschenk war sie sehr glücklich. Traurig hingegen war ihr Bruder.