Alle Artikel von Zeilenhacker

Gepuscht, gelikt, gefakt: Anglizismen richtig schreiben

Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat die Regeln zur korrekten Schreibung von Anglizismen erneut verändert. Wer es sich einfach machen will, passt sie knallhart an die deutsche Grammatik an – obwohl das manchmal fremd aussieht und die Aussprache konterkariert. Wir zeigen Beispiele und nennen die Regeln dazu.

Von Stefan Brunn

Wenn man Anglizismen verwendet, muss man wissen, wie man sie richtig in die deutsche Sprache überträgt. Das ist manchmal gar nicht so einfach.

Erster Bereich: Substantive, dazu drei Regeln:
•   Substantive werden (anders als im Englischen) immer groß geschrieben: Download
•   Bei Wörtern, die auf y enden, wird der Plural mit -ys gebildet, nicht mit -ies: Babys
•   Endet das Wort auf -er, dann gibt es keine Plural-Endung: Newsletter

Zweiter Bereich: zusammengesetzte Anglizismen. Hier gilt: zusammenschreiben! Entweder in einem Wort oder gekoppelt durch Bindestrich.
•   bei zwei Substantiven: Fulltimejob oder Fulltime-Job
•   bei Adjektiv und Partizip: hardwareabhängig oder Hardware-abhängig
•   bei Prädikat und Partikel: Knowhow oder Know-how

Dritter Bereich: die Schreibweise von Eigennamen und Fachbegriffen. Eigennamen, etwa Tower Bridge, werden nicht verändert! Das gilt aber wirklich nur für Eigennamen, damit sind nicht Fachwörter wie Collapse-Zone oder dergleichen gemeint. Will man diese unbedingt in der ursprünglichen Schreibweise belassen, verwendet man Anführungszeichen wie hier: „collapse zone“.

Vierter und letzter Bereich: die Schreibweise der Flexionsendungen von Fremdwörtern aus dem Englischen. Paragraf 21 des amtlichen Regelwerks sagt, dass Flexionsendungen in der Regel an die deutsche Laut-Buchstaben-Zuordnung angepasst werden.
Beispiele:
•   gepuscht
•   gelikt
•   gefakt
•   gejobbt
•   getimt

Weil das aber bisweilen ziemlich doof aussieht und überhaupt nicht zur Aussprache passt, lässt der Rat in manchen Fällen auch die der Herkunftssprache entsprechende Flexionsendung zu. Das aber gilt erstens nur bei Verben, deren Infinitive im Englischen auf ein stummes e enden. Formulierungen wie geliked oder gefaked wären also auch erlaubt.

Allerdings hört diese Freiheit dort ohnehin wieder auf, wo die Partizipien flektiert oder gesteigert werden. Dann ist wiederum ausschließlich die deutsche Endung zulässig:
•   gefakte Nachricht
•   relaxter als erlaubt

Kurzum: Wer englische Verben in einem deutschen Satz verwendet, passt sie knallhart an unsere Grammatik an, also faken, gefakt, fakende, gefakter. Man ist damit immer auf der korrekten Seite.


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE

Was zum Teufel ist ein Token?

Die Länge von Texten bemisst sich in Wörtern oder Zeichen, Zeilen oder Seiten. So war es bisher. In KI-Zeiten scheitern Textaufgaben aber oft daran, dass zu viele Token das sogenannte Kontextfenster überfordern. Aber was sind diese Token eigentlich?

Von Stefan Brunn

Es war einmal ganz einfach: Die Länge eines Textes (etwa des vorhergehenden Absatzes) konnte man nachzählen oder sich im Textverarbeitungsprogramm anzeigen lassen: 38 Wörter. Die Zeichenzahl inklusive Leerzeichen war oft das genauere Maß, mit dem man sich über eine vorgesehene Textlänge austauschen konnte. Nun ist eine andere Maßeinheit aufgetaucht, die immens wichtig ist für Textaufgaben, die man mithilfe von KI lösen will: die sogenannten Token.

Token sind die kleinste Grundeinheit, die KI-Modelle verwenden, um Texte aufzuteilen und zu verarbeiten. Diese Einheit ist aus mindestens zwei Gründen für alle relevant, die sich beim Schreiben von KI helfen lassen – und sei es nur in Form eines Korrektorats:

  1. Die Menge der verarbeitbaren Token ist je nach Modell oder sogar Aufgabe unterschiedlich. Viele Aufgaben lassen sich einfach nicht lösen, wenn zu viele Token dafür erforderlich wären. Zum Beispiel kann man in die meisten Chatfenster zwar 100-seitige PDF einspeisen – bloß wird der Inhalt dann nicht komplett verarbeitet. Wer also zum Beispiel nach irgendeinem Detail darin sucht, wird es nicht finden, weil die KI gar nicht so weit kommt. Die Menge an Token macht quasi das Gedächtnis der KI-Abfrage aus. Dabei zählen sowohl der Prompt als auch zusätzlich eingegebene Hintergrundinformationen und letztlich natürlich das erzeugte Textergebnis mit. Wenn das Eingabefenster (eher ist es das „Kontextfenster“) ein Maximum von 128.000 Token hat, man aber einen Text mit 100.000 Token eingibt, dann kann natürlich kein korrigierter Text mit 100.000 Token ausgespuckt werden.
  2. So wie früher freie Journalist*innen von Zeitungen oft nach geschriebenen Zeilen bezahlt wurden, bezahlen User heute oft nach genutzten Token, vor allem, wenn sie über eine Schnittstelle (API) darauf zugreifen. Das ist allerdings viel undurchsichtiger, weil zum Beispiel bei fortgeschrittenen Modellen auch der mehrfache Zugriff auf den Text („Reasoning“) kostet.

Überhaupt ist die Komplexität ein Token-Problem. Wie viele Token ein Text enthält, ist viel schwieriger zu ermitteln als bei Wörtern oder Zeichen. Es sind jedenfalls nicht die Buchstaben oder Silben, auch Satzzeichen oder Emojis zählen mit. Schon ein Wort wie „Hallo“ ist schwierig zu messen – das englische „hello“ hat 1 Token, das deutsche „hallo“ 2 Token. Sehen Sie es gerne im Tokenizer von OpenAI nach!

Es helfen einem aber Faustformeln oder Schätzwerte wie: Ein Wort im Deutschen macht ungefähr 1,75 Token aus. Auch kann man seinen Text von darauf spezialisierten Maschinen auszählen lassen. Wir von IMKIS haben einen eigenen Zeichenzähler programmiert, der sowohl Zeichen als auch Wörter und geschätzte Token für das Deutsche angibt. Um herauszufinden, ob eine bestimmte Aufgabe überhaupt mengenmäßig machbar ist, reicht das oft aus.

Wie viel Text passt nun in eine normale Textanfrage bei ChatGPT oder anderen Modellen? Hier die Rechnung an einem stark gerundeten Beispiel, nämlich einer Standardseite im Format DIN A4 mit 30 Zeilen je 60 Anschlägen – das ist das, was man in Redaktionen früher ein „Blatt“ nannte:

  • 1 Seite (oder eben „Blatt“)
  • 30 Zeilen (je 60 Zeichen)
  • 1.800 Zeichen inklusive Leerzeichen
  • etwa 270 Wörter
  • etwa 400 Token (im Deutschen)

Wer bei ChatGPT in das Fenster des Modells 4o etwas eingibt, dem stehen (Stand 1. Januar 2025) etwa 8.000 Token zur Verfügung. Wenn man also 10 Seiten nach obiger Definition zum Korrigieren eingibt, könnte man nicht mehr die Ausgabe des korrigierten Textes erwarten – man braucht ja auch noch einen Prompt. Oder, anders herum erklärt: Ich kann der KI 6 Seiten Ausgangstext liefern, dazu 2 Seiten mit genauer Aufgabenbeschreibung und 6 Seiten mit Regeln als PDF – und würde noch 6 korrigierte Seiten herausbekommen können: 20 Seiten mal 400 Token = 8.000 Token. Nachfragen dürfte ich dann allerdings nicht mehr stellen beziehungsweise ich dürfte jedenfalls nicht mehr damit rechnen, dass die KI sie noch adäquat beantwortet. 😉

Wer eine 30-seitige Studie ins Kontextfenster eingibt und die Ausgabe eines perfekt korrigierten Textes erwartet, wird derzeit noch enttäuscht werden. Allerdings prahlen die ersten Large Language Models schon damit, dass sie 100 Millionen Token verarbeiten können (siehe LLM Magic LTM 2 mini). Wie schnell wir diese Modelle für unsere Texte nutzen können und wie gut dann die Ergebnisse sind, steht aber noch in den Sternen. Im Moment muss man längere Texte oft noch teilen oder sich Tricks einfallen lassen …

 


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE

Klarheit durch Statusinfos

Ist etwas nur angedacht, bereits beschlossen oder schon umgesetzt? Wenn diese Information nicht vorhanden ist, fehlt Texten das Wichtigste. Wir sprechen von der Statusinformation – einem leider oft vergessenen Inhalt.

Von Stefan Brunn

Ohne Statusinfos entsteht Unsicherheit bei Leserinnen und Lesern, wie sie einen Inhalt einordnen sollen. Das wiederum kann zu falschen Erwartungen oder Entscheidungen führen – deshalb sollte die Prüfroutine praktisch bei jedem Text lauten: Erfährt meine Zielgruppe, was hier der Status des Textinhalts ist? Denn es macht zum Beispiel für Entscheiderinnen und Entscheider durchaus einen Unterschied, ob der Text die kuriose Idee von irgendwelchen Hinterbänklern beschreibt oder einen bereits verabschiedeten Beschluss im Bundesrat. Das gilt für behördliche Vermerke, für Management summarys, für Pressetexte und viele weitere Textsorten.

Man kann den Status einer Information natürlich explizit mitteilen: „Das hat das Gericht gestern bestätigt, eine Revision ist nicht möglich.“ Es ist aber auch möglich, ihn zusätzlich oder alternativ durch Modalverben (wie kann, soll, darf, muss) auszudrücken, die weit weniger deutlich sind: „Unternehmen in Deutschland dürfen ihren Beschäftigten keine Briefmarken schenken.“ Modalverben sind dabei Schlüsselbegriffe, die eine zusätzliche Ebene der Präzisierung bieten.

Die Statusphase deutlich machen – egal ob explizit oder auch implizit – kann man jedoch nur, wenn man sie auch erkennt. Helfen kann dabei unsere nachfolgende Übersicht, die zwischen fünf Phasen unterscheidet:

1. Idee/Wunsch
In der Phase der Idee oder des Wunsches handelt es sich um Überlegungen oder Vorschläge ohne Verbindlichkeit: „Das Ministerium erwägt, ein Förderprogramm für die KI-Bildung an Schulen zu entwickeln.“

2. Konzept/Entwurf
Es gibt ein schriftliches Dokument oder einen Vorschlag, der diskutiert und gegebenenfalls angepasst wird, bevor er beschlossen wird: „Ein Konzept zur Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist soeben veröffentlicht worden.“

3. Beschluss/Entscheidung
Eine offizielle Genehmigung signalisiert Verbindlichkeit und gibt eine klare Richtung vor: „Das Bundeskabinett hat beschlossen, die CO₂-Bepreisung schrittweise zu erhöhen.“

4. Umsetzung/Verfügbarkeit
In diesem Status ist die Entscheidung schon umgesetzt worden, eine Regelung in Kraft, ein Produkt erhältlich usw.: „Die Neuregelung der Pendlerpauschale gilt seit dem aktuellen Steuerjahr.“

5. Obsolet/erübrigt/abgeschlossen
Etwas ist obsolet geworden, wird nicht mehr benötigt: „Die Idee, ein nationales Überwachungssystem für Pandemien zu entwickeln, hat sich durch die internationale Kooperation erübrigt.“


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE


Typografie der Tüttelchen

Warum sehen die Anführungszeichen in der Neuen Zürcher Zeitung anders aus als in deutschen Zeitungen? Die Antwort ist einfach: Weil sich in den einzelnen Ländern unterschiedliche typografische Standards entwickelt haben. Wir haben die Tüttelchen mal übersichtlich gruppiert.

Von Stefan Brunn

In den folgenden Gruppen finden Sie die Standardformen diverser europäischer Länder (plus USA). Zu beachten ist natürlich, dass in manchen Ländern mehrere Sprachen verbreitet sind (etwa in der Schweiz). Das führt auch zu mehreren erlaubten Formen von Anführungszeichen.

Den deutschen Standard korrekter Gänsefüßchen, nämlich „…“, kann man sich durch die Zahlenkombination 99-66 ganz gut merken. Wenn Sie sich die folgenden Zeichen ansehen, erkennen Sie sicher, was das bedeutet:

Bulgarien, Deutschland, Estland, Island, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Luxemburg, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei, Tschechien, Ungarn

Albanien, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, Russland, Schweiz, Spanien, Ukraine

Belgien, Finnland, Schweden. In diese Gruppe fallen auch die USA.

Irland, Niederlande, Vereinigtes Königreich

Dänemark, Slowenien


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE


Systematik der Deppenapostrophe

„Ilse’s Imbiss“ ist neuerdings kein Fehler mehr, der Rat für deutsche Rechtschreibung hat bei Eigennamen klein beigegeben. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Deppenapostrophe mehr gibt. Wir haben die sieben wichtigsten Fehler systematisiert …

Von Stefan Brunn

Vorm Endungs-s
Der unumstrittene King unter den Deppenapostrophen ist der, den man vor ein einfaches Endungs-s setzt. Wo immer dieser Apostroph gesetzt wird (oft in Supermärkten), ist für Heiterkeit gesorgt! 😉

    • Beispiel: „Frische Anana’s“

Hinterm Imperativ
Bei der Befehlsform von Verben setzt man keinen Apostroph. Manche finden anscheinend, dass der Imperativ sonst zu einsam ist!

    • Beispiel: „Hol‘ das Stöckchen!“

Beim Genitiv
Der Klassiker, von spöttisch-bösen Zeitgenoss*innen auch „Sächsischer Genitiv“ genannt. Zwar ist der Genitiv-Apostroph neuerdings offiziell bei Eigennamen erlaubt („Werner’s Bistro“). Er bleibt aber inkorrekt, wenn es sich eben nicht um Eigennamen handelt.

    • Beispiel: „Von Oma‘s Apfelkuchen ist nichts übrig.“

Bei Adverbien
Auch Adverbien, die auf -s enden, werden manchmal mit Apostroph geschrieben, was natürlich grober Unfug ist:

    • Beispiel: „Er kommt abend‘s vorbei.“

Beim Plural
Nee, auch in der Mehrzahl kommt kein Apostroph vors Endungs-s.

    • Beispiel: „Zwei Kaffee’s bitte!“

Bei Präpositionen
Vermutlich der häufigste und verzeihlichste Deppenapostroph ist der bei einer Präposition in Kombination mit einem bestimmten Artikel. Dieser Fall wird oft verwechselt mit einem anderen Fall, bei dem der Apostroph tatsächlich gesetzt werden kann: wenn nämlich das Pronomen „es“ auf ein Verb folgt („gibt’s“, „heißt’s“ etc.).

    • Beispiel: „Wir gehen in‘s Kino.“

Bei Abkürzungen
Eine ebenfalls sehr oft in freier Wildbahn anzutreffende Spezies. Man präge sich ein: Auch bei Abkürzungen und Akronymen gibt es weder Plural- noch Genitiv-s!

    • Beispiel: „Viele PC‘s sind veraltet.“

Link zu den amtlichen Regeln des Rechtschreibrats, in denen das Genitiv-s bei Eigennamen jetzt nicht mehr als Fehler gilt:
https://www.rechtschreibrat.com/regeln-und-woerterverzeichnis/


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE


Quiz: Do you speak Dating?

Geister, Brotkrümel und U-Boote – was haben diese Dinge mit Online-Dating zu tun? Mehr als Sie denken! Testen Sie Ihr Wissen über die neuesten Begriffe des Online-Datings mit unseren zehn Quizfragen.

Von Hannah Molderings

.


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE


Nach meinem Gefühl, brauche ich hier ein Komma

Nein, natürlich ist das Komma hier falsch. Weil es so verbreitet ist, hat es trotzdem einen Namen: Vorfeldkomma. Wir erklären, was das ist und wie man den Fehler sicher vermeidet.

Von Katrin Liffers

Was ist das Vorfeld?
Vorfeld nennt man den Teil eines Satzes, der vor dem konjugierten Verb steht. In den meisten Fällen befindet sich an dieser Stelle das Subjekt oder Objekt des Satzes oder eine sogenannte Adverbiale:
Beispiel 1: Das Kind spielt gerne mit dem Ball.
Beispiel 2: Den Artikel habe ich gestern gelesen.
Beispiel 3: Aufgrund der Gleisstörungen fährt die Bahn heute nicht.
(Anmerkung des Setzers: Katrin wählt immer sehr realitätsnahe Beispiele 😉)

Was ist das Vorfeldkomma?
Bei den Beispielen 1 und 2 würde wahrscheinlich niemand auf die Idee kommen, vor dem Verb ein Komma zu setzen. Bei Beispiel 3 sieht es anders aus: Hier haben viele das Bedürfnis, das Vorfeld vom Rest abzugrenzen und als Einheit zu markieren. Das Resultat: ein gut gemeintes, aber leider völlig falsches Vorfeldkomma („Aufgrund der Gleisstörungen, fährt die Bahn heute nicht“).

Forscherinnen und Forscher haben herausgefunden, dass das Bedürfnis nach einem Vorfeldkomma dann besonders groß ist, wenn das Vorfeld sehr lang ist oder mit einer Präposition beginnt:
Beispiel 4: Aufgrund der schon lange anhaltenden Gleisstörungen und mehrerer Fahrplanänderungen fährt die Bahn heute nicht.
Nein, ganz sicher: Vor dem Verb steht kein Komma!

Wie erkennt man ein Vorfeldkomma?
Mit den folgenden Fragen können Sie überprüfen, ob das Komma vor einem konjugierten Verb korrekt ist:

Befindet sich im Teil vor dem konjugierten Verb ein anderes Verb?
Beispiel 5: Sie buchte einen Flug, packte ihren Koffer und war verschwunden.
Beispiel 6: Weil für heute Regen gemeldet ist, fährt er mit dem Auto.

Steht vor dem konjugierten Verb eine Anrede, ein Ausruf oder der Ausdruck einer Stellungnahme?
Beispiel 7: Isabella, rate mal, wen ich heute gesehen habe?
Beispiel 8: Oh, bist du schon da?
Beispiel 9: Ja, lass uns ins Kino gehen.

Gibt es eine Aufzählung, die ein Komma verlangt?
Beispiel 10: Er spielt, isst, schläft.

Handelt es sich bei dem Teil vor dem konjugierten Verb um wörtliche Rede?
Beispiel 11: „Hast Du das wirklich nicht gesehen?“, fragte er.

Kann man den Teil vor dem konjugierten Verb einfach weglassen, ohne dass man das    Satzschlusszeichen oder die Wortstellung im Satz ändern muss?
Beispiel 12: Ich, als Gärtnerin, weiß das ganz genau.

Haben Sie alle Fragen mit nein beantwortet? Dann können Sie sicher sein: Hier kommt kein Komma hin.


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE


Nicht verwechseln: doppelte Lottchen bei Wörtern

Manche Wörter klingen beinahe identisch, haben aber erheblich unterschiedliche Bedeutungen, zum Beispiel Identifizierung und Identifikation. Wir haben die sieben häufigsten solcher doppelten Lottchen für alle aufgelistet, die sich nicht blamieren wollen …

Effektiv/Effizient

Effektiv bedeutet, dass etwas tatsächlich das gewünschte Ergebnis erzielt, während effizient zusätzlich die Frage nach der eingesetzten Energie oder den Ressourcen berücksichtigt. Beispiel: „Ein Medikament ist effektiv, wenn es die Krankheit heilt, aber es ist nur dann auch effizient, wenn es dies mit minimalem Aufwand tut.“

Formell/Formal

Hier scheint es sich um bedeutungsgleiche Zwillinge zu handeln, aber der Teufel steckt im Detail: Formell beschreibt den äußeren Rahmen einer Situation, etwa bei einem formellen Treffen oder einem formellen Brief. Formal dagegen bezieht sich auf eine Regel oder Vorschrift, die eingehalten wird – zum Beispiel bei einer formalen Prüfung oder einer formalen Logik.

Identifikation/Identifizierung

Identifikation beschreibt den Prozess des Sich-selbst-Wiedererkennens oder sich mit etwas oder jemandem zu identifizieren. Identifizierung meint hingegen das Feststellen der Identität einer anderen Person oder eines Objekts. Beispiel: „Die Identifikation mit dem Protagonisten ist ein wichtiges Element beim Lesen von Romanen“, aber „Die Polizei konnte den Verdächtigen erfolgreich identifizieren.“

Persönlich/Personalisiert

Persönlich bedeutet „auf die eigene Person bezogen“. Personalisiert hingegen bedeutet, dass etwas für jemanden individuell angepasst wurde, wie etwa ein personalisiertes Geschenk oder eine personalisierte Webseite.

Praktisch/Pragmatisch

Praktisch bezeichnet eine Eigenschaft, die nützlich oder leicht anzuwenden ist, wie in „Das Werkzeug ist sehr praktisch“. Pragmatisch hingegen bezieht sich auf eine Handlungsweise, die auf das Machbare und Zweckmäßige ausgerichtet ist, ohne sich allzu sehr um Prinzipien oder Theorien zu kümmern. Man spricht also von einer pragmatischen Lösung, wenn man eine direkte, unkomplizierte Herangehensweise wählt.

Psychisch/Psychologisch

Psychisch bezieht sich allgemein auf die seelische oder mentale Verfassung eines Menschen, wie in „psychische Gesundheit“ oder „psychische Belastungen“. Es beschreibt also den Zustand der inneren Gefühls- und Gedankenwelt. Psychologisch hingegen ist ein wissenschaftlicher Begriff, der sich auf die Lehre oder Theorie der Psychologie bezieht. Man spricht etwa von einer psychologischen Untersuchung, die auf wissenschaftlichen Methoden basiert, oder von psychologischen Erklärungsmodellen für Verhaltensweisen. Beispiel: „Ihre psychische Verfassung war nach dem Unfall sehr angegriffen“, aber „die psychologischen Erkenntnisse aus der Therapie halfen ihr, das Trauma besser zu verarbeiten.“ Während psychisch eher den Zustand beschreibt, liegt bei psychologisch der Fokus auf den dahinterliegenden Prozessen und Theorien.

Speziell/Spezifisch

Speziell bedeutet „besonders“ oder „außergewöhnlich“ – zum Beispiel bei einem „speziellen Anlass“. Spezifisch dagegen bezieht sich auf etwas, das exakt auf eine bestimmte Sache zutrifft, wie bei „spezifischen Anforderungen“ oder „spezifischen Eigenschaften“ eines Materials.


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE


Wann darf der Strich atmen?

Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat die Schrägstrich-Regeln geändert: Neuerdings kann man in mehr Fällen als bisher ein Leerzeichen neben den Schrägstrich setzen. Wir zeigen die fraglichen Fälle und was jetzt erlaubt  ist beziehungsweise was nicht.

Einzelne Begriffe
Bei der Verwendung des Schrägstrichs zwischen einzelnen Begriffen bleibt die Regel unverändert. Es werden keine Leerzeichen gesetzt.

  • Erlaubt: Tag/Nacht, Apfel/Birne, Hund/Katze
  • Nicht erlaubt: Tag / Nacht, Apfel / Birne, Hund / Katze

Wortgruppen
Bei Wortgruppen ist neuerdings die Verwendung von Leerzeichen vor und nach dem Schrägstrich zulässig.

  • Erlaubt: die Rosen / die Tulpen als Schnittblumen
  • Auch erlaubt: die Rosen/die Tulpen als Schnittblumen

Mehrere Alternativen
Bei der Auflistung mehrerer Alternativen ist die Verwendung von Leerzeichen nun optional.

  • Erlaubt: Montag/Dienstag/Mittwoch
  • Auch erlaubt: Montag / Dienstag / Mittwoch

Personenbezeichnungen
Bei Personenbezeichnungen gelten besondere Regeln:

  • Erlaubt: Lehrer/Lehrerin (ohne Leerzeichen)
  • Auch erlaubt: Lehrer / Lehrerin (mit Leerzeichen)
  • Auch erlaubt: Lehrer/-in (mit Bindestrich, ohne Leerzeichen)
  • Nicht erlaubt: Lehrer /-in (Leerzeichen vor dem Bindestrich)

Zahlen und Datumsangaben
Bei Zahlen und Datumsangaben bleibt die Regel unverändert. Es werden keine Leerzeichen verwendet.

  • Erlaubt: 2023/2024, 15./16. Juli
  • Nicht erlaubt: 2023 / 2024, 15. / 16. Juli

Abkürzungen und Maßeinheiten
Auch bei Abkürzungen und Maßeinheiten werden weiterhin keine Leerzeichen gesetzt.

  • Erlaubt: km/h, m/s, EUR/USD
  • Nicht erlaubt: km / h, m / s, EUR / USD

Link zu den amtlichen Regeln:
https://www.rechtschreibrat.com/regeln-und-woerterverzeichnis/


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE


Schwammige Antworten kosten Sympathie

Unklare Antworten machen uns unbeliebt: Eine aktuelle Studie zeigt, dass Menschen, die auf Fragen ungenau antworten, als weniger sympathisch wahrgenommen werden. Bei unangenehmen Themen liegen die Dinge aber manchmal anders …

Der Ansatz der Studie
Die Forscher Deming Wang von der James Cook University in Singapur und Ignazio Ziano von der Universität Genf haben in einer umfassenden Studie untersucht, wie sich unklare Antworten auf die Wahrnehmung von Sympathie auswirken. Die Studie umfasste insgesamt 9 Experimente mit über 2.600 Teilnehmern, die größtenteils in westlichen und asiatischen Ländern befragt wurden. Dabei zeigte sich, dass Menschen, die auf alltägliche Fragen vage antworten, als weniger sympathisch, weniger warm und weniger extravertiert wahrgenommen werden. Dieses Ergebnis wurde in unterschiedlichen sozialen Kontexten bestätigt, darunter in Gespräche mit Freunden, Nachbarn und auch bei Bewerbungsgesprächen. 

Die konkreten Ergebnisse
In einem Experiment, bei dem ein Abendessen zwischen Freunden simuliert wurde, stellte eine Großmutter ihrem Enkel die Frage: „Wie lange hast du das Fleisch gegart?“ Anstatt präzise zu antworten, antwortete der Enkel nur: „Schon eine Weile.“ Diese vage Antwort führte dazu, dass 73 Prozent der Beobachter ihn als weniger sympathisch und sogar etwas unzuverlässig einstuften. Eine ähnliche Szene spielte sich in einem Bewerbungsgespräch ab. Auf die Frage „Wie viel verdienen Sie im Jahr?“ antwortete ein Bewerber lapidar: „So viel wie die meisten Büroangestellten.“ Ergebnis: Fast 60 Prozent der Teilnehmer würden ihn nicht einstellen – so kann man seine Chancen ruinieren. Ein weiteres Beispiel stammt aus einem Gespräch zwischen einem Sohn und seinem Vater: „Wie viel willst du für dein Auto haben?“ Sohn: „So viel die meisten gebrauchten Limousinen kosten.“ Auch er wurde er als weniger sympathisch wahrgenommen. 

Ausnahme: sensible Themen
Die Studie zeigt aber auch, dass Menschen bei sensiblen oder potenziell verletzenden Themen durchaus Verständnis für unklare Antworten haben. Ein Beispiel dafür war eine Frage in einem medizinischen Kontext, in dem ein Patient seinen Arzt fragt: „Wie lange werde ich noch zu leben haben?“ Die vage Aussage „noch einige Zeit“ schien hier 54 Prozent der Befragten nicht nur akzeptabel, sondern sympathisch und einfühlsam. Immerhin ersparte der Arzt dem Patienten so die volle Härte der Diagnose. Die Sympathie des Arztes wurde durch die unklare Antwort nicht beeinträchtigt, da die Teilnehmenden den Grund nachvollziehen konnten. 

Fazit: Konkretheit zahlt sich aus
Die Forscher schlussfolgern unterm Strich dennoch, dass klare und konkrete Antworten in den meisten sozialen Interaktionen den Vorzug verdienen. Sowohl in professionellen als auch in privaten Kontexten können allzu vage Antworten durchaus Sympathie und Vertrauen untergraben.



Link zur Studie:

Deming Wang & Ignazio Ziano: Give Me a Straight Answer: Response Ambiguity Diminishes Likability. https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/01461672231199161


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE