Wann brauchen Infinitivgruppen ein Komma?

Formulierungen, die aus „zu“ und einem Infinitiv bestehen, stellen uns immer wieder vor die gleiche Herausforderung: Muss hier ein Komma gesetzt werden oder nicht? Wir fassen die Regeln dazu verständlich zusammen.

Von Katrin Liffers

Zu keiner anderen sprachlichen Konstruktion bekommen wir so häufig Kommafragen gestellt wie zu den Infinitivgruppen. Damit sind Kombinationen aus dem Wort „zu“ und einem Infinitiv (der Verbgrundform) gemeint, wie in dem Satz: „Er liebt es, wandern zu gehen.“ Die Frage, die sich hier stellt: Muss hier ein Komma gesetzt werden oder kann man es auch weglassen?
Die kurze Antwort: Es kommt drauf an. Für die lange Antwort haben wir die die Regeln (und leider auch Ausnahmen) zu den drei Fällen zusammengefasst, die man unterscheiden kann.

Fall 1: Die Infinitivgruppe wird von einer Konjunktion eingeleitet

Regel: Wird die Infinitivgruppe mit einer Konjunktion eingeleitet, etwa „um“, „ohne“, „statt“, „anstatt“, „außer“ oder „als“, muss ein Komma zwischen Haupt- und Nebensatz gesetzt werden.

Beispiel: Sie versuchte alles, um die Kommaregeln zu verstehen.

Fall 2: Die Infinitivgruppe bezieht sich auf ein anderes Element im Satz

Regel: Ist die Infinitivgruppe von einem Substantiv oder einem anderen Bezugswort („es“, „daran“, „das“ etc.) im Satz abhängig, muss die Infinitivgruppe durch ein Komma vom Hauptsatz abgetrennt werden. Wenn die Infinitivgruppe mitten im Hauptsatz steht, muss das Komma davor und danach gesetzt werden.

Beispiel 1: Er hatte schon immer den Wunsch, die Welt zu bereisen.
→ Die Infinitivgruppe „die Welt zu bereisen“ bezieht sich auf das Substantiv „Wunsch“ im Hauptsatz.

Beispiel 2: Sie hasst es, auf den Bus zu warten.
→ Die Infinitivgruppe „auf den Bus zu warten“ bezieht sich auf das Bezugswort „es“ im Hauptsatz.

Ausnahme: Wenn bei diesem Fall die Infinitivgruppe nur aus „zu“ und einem Infinitiv besteht, kann man das Komma jedoch weglassen.

Beispiel 1: Sie hatte die Pflicht(,) zu schweigen.

Beispiel 2: Er schaffte es nicht(,) zu kündigen.

Fall 3: Die Infinitivgruppe wird nicht von einer Konjunktion eingeleitet und bezieht sich nicht auf ein Element im Hauptsatz

Regel: Infinitivgruppen, die weder mit einer Konjunktion eingeleitet werden (Fall 1) noch sich auf ein Element im Hauptsatz beziehen (Fall 2), können durch ein Komma abgegrenzt werden – müssen aber nicht. Gerade bei komplexen Satzstrukturen kann das Komma aber deutlich die Lesbarkeit des Satzes erhöhen.

Beispiel 1: Sie überlegen(,) sich ein neues Haus zu kaufen.

Beispiel 2: Du versuchst immer(,) dich aus der Verantwortung zu ziehen(,) und schiebst die Schuld deshalb auf andere.

Ausnahme: Wenn das Verb des Hauptsatzes ein Modalverb (Hilfsverb) darstellt, auf das sich die Infinitivgruppe bezieht, setzt man kein Komma. Man erkennt Modalverben daran, dass sie nicht den Sachverhalt des Satzes selbst versprachlichen, sondern die Einstellung der sprechenden Person zu dem Sachverhalt widerspiegeln. Sie machen also eine Aussage dazu, ob der Sachverhalt erwünscht, möglich etc. ist. Das kann zum Beispiel bei den Verben „haben“, „sein“, „brauchen“, „pflegen“, „scheinen“ der Fall sein.

Beispiel 1: Er scheint heute nicht zu kommen.
→ „Scheinen“ wird hier nicht in seiner Bedeutung als „Licht ausstrahlen“ verwendet, sondern modifiziert nur das Verb „kommen“ in seiner Wahrscheinlichkeit.