Schlagwort: Rechtschreibung

Wann darf der Strich atmen?

Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat die Schrägstrich-Regeln geändert: Neuerdings kann man in mehr Fällen als bisher ein Leerzeichen neben den Schrägstrich setzen. Wir zeigen die fraglichen Fälle und was jetzt erlaubt  ist beziehungsweise was nicht.

Einzelne Begriffe
Bei der Verwendung des Schrägstrichs zwischen einzelnen Begriffen bleibt die Regel unverändert. Es werden keine Leerzeichen gesetzt.

  • Erlaubt: Tag/Nacht, Apfel/Birne, Hund/Katze
  • Nicht erlaubt: Tag / Nacht, Apfel / Birne, Hund / Katze

Wortgruppen
Bei Wortgruppen ist neuerdings die Verwendung von Leerzeichen vor und nach dem Schrägstrich zulässig.

  • Erlaubt: die Rosen / die Tulpen als Schnittblumen
  • Auch erlaubt: die Rosen/die Tulpen als Schnittblumen

Mehrere Alternativen
Bei der Auflistung mehrerer Alternativen ist die Verwendung von Leerzeichen nun optional.

  • Erlaubt: Montag/Dienstag/Mittwoch
  • Auch erlaubt: Montag / Dienstag / Mittwoch

Personenbezeichnungen
Bei Personenbezeichnungen gelten besondere Regeln:

  • Erlaubt: Lehrer/Lehrerin (ohne Leerzeichen)
  • Auch erlaubt: Lehrer / Lehrerin (mit Leerzeichen)
  • Auch erlaubt: Lehrer/-in (mit Bindestrich, ohne Leerzeichen)
  • Nicht erlaubt: Lehrer /-in (Leerzeichen vor dem Bindestrich)

Zahlen und Datumsangaben
Bei Zahlen und Datumsangaben bleibt die Regel unverändert. Es werden keine Leerzeichen verwendet.

  • Erlaubt: 2023/2024, 15./16. Juli
  • Nicht erlaubt: 2023 / 2024, 15. / 16. Juli

Abkürzungen und Maßeinheiten
Auch bei Abkürzungen und Maßeinheiten werden weiterhin keine Leerzeichen gesetzt.

  • Erlaubt: km/h, m/s, EUR/USD
  • Nicht erlaubt: km / h, m / s, EUR / USD

Link zu den amtlichen Regeln:
https://www.rechtschreibrat.com/regeln-und-woerterverzeichnis/

Am fehlerlosen Korrektorat scheitert die KI noch

Textverarbeitungsprogramme schaffen es bis heute nicht einwandfrei, alle Rechtschreib-Fehler zu eliminieren. Funktioniert das mithilfe Künstlicher Intelligenz? Wir haben fünf Maschinen getestet. Die Ergebnisse waren teils gut, teils schlecht. Kein Korrektorat war fehlerfrei.

Von Stefan Brunn

Kann KI schaffen, was keinem Redaktions- oder Textverarbeitungssystem in den letzten Jahrzehnten gelungen ist, nämlich Texte auf Knopfdruck fehlerfrei zu machen? Wir haben das an einem kurzen Text mit vielen Fehlern verschiedener Art getestet:

Die von einem Hersteller von Navigationssystemen beauftragte, Befragung stellt z.B. auch fest, welche Emotionen am häufigsten auf treten , wenn sich jemand verfährt: das nahe liegende Gefühl der Frustation stand dabei erwartungsgemäss mit 75Prozent vorn, gefolgt von Ärger (36 Prozent) und Angst (19 Prozent).

In diesen wenigen Zeilen steckt ja einiges an Fehlern: Groß- und Kleinschreibung, Flüchtigkeitsfehler, Interpunktion, alte und neue Rechtschreibung … Wie kriegt das die KI in den Griff? Den Text gaben wir mit dem immer gleichen Befehl (Prompt) an fünf große Sprachmodelle: Bard, Bing, ChatGPT, Llama und You.com.

Ergebnis: Keine Maschine beseitigt wirklich alle Fehler. Allerdings schaffen es ChatGPT (3.5) und Bing, nur einen einzigen minimalen Fehler übrig zu lassen: das fehlende Leerzeichen bei z. B. Die anderen sind teils recht übergriffig, fassen etwa „von einem“ einfach zu „vom“ zusammen, machen aus dem Wort „Prozent“ das %-Zeichen oder lassen den Satzbeginn nach dem Doppelpunkt mit einem kleinen „d“ stehen, wo es groß sein muss.

Es kann aber nun nicht mehr lange dauern, bis sich eine App darauf spezialisiert, auch kleinste Fehler noch auszumerzen. Dann wird ein Versprechen wahr, dass Verlage ihrer Belegschaft schon vor 30 Jahren gegeben haben, als sie die Korrektor:innen entließen: Das Korrektorat macht jetzt die EDV.

Und falls für jemanden unser Prompt fürs Korrektorat interessant sein sollte, hier ist er (und er lässt sich bestimmt noch verbessern/spezifizieren):
Bitte erledige eine Aufgabe für mich: Korrektorat eines journalistischen Textes. Berücksichtige dabei folgende Punkte:

• Inhalt und Satzbau sollen nicht verändert werden, also bitte KEINE Redigatur, sondern nur Korrektur, also das Ausmerzen von Fehlern.
• Zu den Fehlern gehören auch Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung, Kommasetzung, Kleinigkeiten wie doppelt gesetzte Leerzeichen, falsche Leerzeichen und ähnliches.
• Grundlage Deiner Korrekturen sollen die Rechtschreibregeln in Deutschland sein. Im Zweifel die Rechtschreibung, die der DUDEN empfiehlt. Bitte die neuen Regeln (nach der Rechtschreibreform verwenden). Nicht die Schweizer Regeln verwenden.
• Bitte achte auch auf Einheitlichkeit bei den Schreibweisen. Wenn Du zum Beispiel eine Maßeinheit einmal ausschreibst, dann immer.
• Bitte setze ggf. bei Abkürzungen und zwischen Ziffern und Maß- und Mengeneinheiten ein geschütztes Leerzeichen.


Kriminelle Intelligenz: weniger Fehler durch KI

Im Phishing-Radar der Verbraucherzentralen finden sich inzwischen nur noch ziemlich sauber formulierte Betrügerbriefe. Haben die Gauner sich fortgebildet? Oder hat ihnen die Künstliche Intelligenz zum fehlerfreien Deutsch verholfen?

In einer Phishing-Mail der Sparkasse zum Beispiel heißt es: „Aus diesem Grund freuen wir uns, Ihnen heute das innovative Sicherheitsverfahren DigiSaveSecure+ vorstellen zu dürfen. Mit DigiSaveSecure+ erhöhen wir nicht nur den Schutz Ihres Online-Banking-Kontos, indem wir sämtliche Ihrer Geräte durch digitalen Fingerabdruck und biometrische Gesichtsdaten verknüpfen, sondern wir bereiten Ihr Konto zudem optimal auf die bevorstehende Pilotphase des Digitalen Euros vor.“

Der Text ist nicht nur absolut korrekt formuliert, sondern auch im Ton freundlich und verständlich. Zugegeben: Man müsste den zweiten Satz teilen, wenn man ihn wirklich stilistisch perfekt haben wollte. Aber: Früher hätte die Sprache eines solchen Texts etliche Hinweise darauf enthalten, dass er eben nicht aus seriöser Quelle stammt, sondern von Gaunern. Diese Betrüger nutzen aber offenbar inzwischen Künstliche Intelligenz, um die Verführungskraft ihrer Mails zu erhöhen.

Ob Banken, Paketlieferer oder Abo-Dienste: In den Textbeispielen des Phishing-Radars der Verbraucherzentralen findet man kaum noch Rechtschreib- oder Formulierungs-Schnitzer. Früher waren Patzer wie „Standart“ oder „vorrübergehend“ doch recht sichere Indizien für Spam. Heute imitieren die Spammer praktisch fehlerfrei sogar den offiziösen Ton, benutzen behördensprachliche Floskeln wie „Bitte um Kenntnisnahme“ oder „ist erfolgt“.

Ganz selten unterlaufen den modernen Phishern aber doch noch Fehler in der Sprache, wenn auch die KI überfordert ist: „Besonders für unsere Kunden ab 50 Jahren wurde dieses System entwickelt, um Ihnen im digitalen Zeitalter zur Seite zu stehen.“ Hier muss „ihnen“ natürlich klein geschrieben werden, denn es bezieht sich auf die Kunden ab 50 und nicht auf die Mail-Adressaten. Es steht allerdings zu befürchten, dass einer gut trainierten KI künftig auch solche Fehler nicht mehr unterlaufen.

Unser Tipp: Man kann sich auf die Rechtschreibfehler in Spam-Mails nicht mehr verlassen. Deshalb sollten Sie in Ihrem Mailclient (Outlook, Thunderbird etc.) dafür sorgen, dass immer auch die echte E-Mail-Adresse des Absenders angezeigt wird. Oft sieht man nur die Benutzerkennung des Absenders, wenn man dies nicht in den Einstellungen selbst ändert. Die Benutzerkennung kann jedoch jeder beliebig formulieren – also können auch Betrüger dort eintragen: kundenservice@comdirect.de oder dergleichen.

Vorsicht: lebensgefährliche Rechtschreibung!

Die Groß- und Kleinschreibung beim Wörtchen „Sie“ kann echt knifflig sein. Wir haben ein lustiges Beispiel gefunden, bei dem korrekte Rechtschreibung Leben retten könnte …

Von Hannah Molderings

Ein solches Zettelchen haben Sie in den letzten Monaten vielleicht auch schon ausgefüllt:

Unser erster Gedanke: Hui, jetzt wird bei den Corona-Maßnahmen aber wirklich hart duchgegriffen! ☺

Aber Spaß beiseite: Natürlich müsste hier „sie“ klein geschrieben werden, da es sich auf die Daten bezieht.

Kleiner Bonus: Wer findet die vier anderen Fehler, die sich im Formular eingeschlichen haben?

Übrigens: Einen ganz ähnlichen Murx haben wir vor ein paar Jahren schon einmal gebracht.
Hier ging es um die Frage: Wer haftet hier eigentlich für wen?

Der Fernseher oder das Radio muss leise sein!

Muss es hier in der Überschrift nicht „müssen“ heißen? Oder stimmt der Satz so? Wir erklären die Faustregel dazu.

Von Hannah Molderings

Zunächst müssen wir unterscheiden, ob das „oder“ im Satz ein ausschließendes oder ein einschließendes ist. Das bedeutet: Kommt nur eine der beiden Möglichkeiten in Betracht oder sind beide möglich? Danach richtet sich, ob das Verb im Singular oder im Plural stehen muss.

1. Es kann nur einen geben …

Es ist klar, dass es nur einer sein kann! Werden die Subjekte mit einem ausschließenden „oder“ verbunden, steht das Verb in der Regel im Singular.

Beispiele:

  • Ich weiß nicht, ob Tim oder Jens es getan hat.
  • Entweder die Spülmaschine oder die Waschmaschine wird jetzt ausgeräumt!
  • Die Chefin beziehungsweise ihr Stellvertreter wird Stellung nehmen.

Es kommt hier jeweils nur eine der beiden Möglichkeiten in Betracht, deshalb steht das Verb im Singular. Die Wörtchen „entweder“ und „beziehungsweise“ deuten übrigens schon deutlich an, dass es sich hier um eine ausschließende (exklusive) Bedeutung handelt. So ist es auch bei dem Titel-Beispiel: „Der Fernseher oder das Radio muss leise sein!“ Gemeint ist hier ein ausschließendes „entweder“ – der Singular „muss“ ist also korrekt.

2. Es können beide sein …

Es ist NICHT klar, dass es nur einer von beiden ist! Beide Möglichkeiten kommen in Betracht. Werden die Subjekte mit einem einschließenden „oder“ verbunden, steht das Verb in der Regel im Plural.

Beispiele:

  • Ich nehme an, dass deine Lehrerin oder dein Bruder dir helfen können.
  • Zahnschmerzen oder Bauchschmerzen sind die Folge vom Genuss vieler Süßigkeiten.

Hier kommen jeweils beide Möglichkeiten in Betracht, deshalb steht das Verb im Plural.

Übrigens ist diese Zweiteilung wirklich nur eine Faustregel. Man kommt mir ihr ganz gut durchs Leben. Wer sich aber ein bisschen einfuchst in die Materie „Kongruenz bei oder“, der stößt auf viele Ausnahmen, Widersprüche und Zweifelsfälle. Der Teufel ist halt doch ein 🐿️!

Gepuscht, gelikt, gefakt: Anglizismen richtig schreiben

„Mein Post wurde schon 900 Mal gelikt!“ Manchmal überrascht uns die korrekte Schreibweise von Anglizismen. Auch englische Wörter müssen sich eben an die deutsche Grammatik halten – und das sieht manchmal fremd aus. Wir zeigen Beispiele und nennen die Regeln dazu.

Von Stefan Brunn

Unser Wortschatz verändert sich laufend. Viele neue Wörter sind Anglizismen, also Wörter, die aus dem Englischen ins Deutsche übernommen wurden. Dazu zählen zum großen Teil technische Begriffe, die für jede Sprache neu sind und aufgrund mangelnder Alternativen englisch bleiben.

Wenn man Anglizismen verwendet, muss man wissen, wie man sie richtig in die deutsche Sprache überträgt. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Zunächst die Grundlagen:

Substantive werden anders als im Englischen groß geschrieben: Download
Pluralformen werden mit -s gebildet, nicht mit -ies: Babys
Endet das Wort auf -er, dann gibt es keine Pluralendung: Newsletter

Kommen wir zu zusammengesetzten Anglizismen. Hier gilt meist: Zusammenschreiben! Entweder in einem Wort oder gekoppelt durch Bindestrich.

bei zwei Substantiven: Fulltimejob (Fulltime-Job)
bei Adjektiv und Substantiv: Hotspot (Hot Spot)
bei Adjektiv und Partizip: hardwareabhängig (Hardware-abhängig)
bei Prädikat und Partikel: Knowhow oder Know-how

Letzter Punkt: die Schreibweise von Eigennamen und Fachbegriffen.

Eigennamen, wie etwa Tower Bridge, werden nicht verändert! Das gilt aber wirklich nur für Eigennamen, damit sind nicht Fachwörter wie Collapse-Zone oder dergleichen gemeint. Will man diese unbedingt in der ursprünglichen Schreibweise belassen, verwendet man Anführungszeichen wie hier: „collapse-zone“.