Schlagwort: Duzen

Das Hamburger Sie und das Münchner Du

Herr Müller, kommst Du mal? Saskia, könnten Sie mal kurz? Was für Außenstehende erheiternd rüberkommt, wirkt für die Angesprochenen manchmal ziemlich herabsetzend.

Von Stefan Brunn

Die Sache hat zwei Seiten: Einerseits können diese Mischformen des Duzens/Siezens ein Kompromiss sein. Ein meist unausgesprochenes Agreement zwischen zwei Menschen, deren Beziehung eben ungeklärt zwischen Du und Sie steht. Andererseits werden diese Formen oft nicht symmetrisch zwischen Gleichberechtigten gewählt, sondern einseitig von oben nach unten – darauf deutet auch der konkurrierende Name „Kassiererinnen-Du“ hin.

Wir wollen weder das Hamburger Sie noch das Münchner Du pauschal verurteilen. Wir wollen aber, dass Sie beide Formen kennen und sensibel damit umgehen.

Das Hamburger Sie
Beim Hamburger Sie nennt man jemanden beim Vornamen, siezt ihn aber: „Werner, reichen Sie mir mal den Vertrag?“ Diese Art des Siezens ist nicht nur in Hamburg verbreitet, wie der Name nahelegen könnte. Das Hamburger Sie ist überall dort zu hören, wo nicht ganz klar ist, ob man duzen oder siezen sollte. Es kann wirklich ein für beide Seiten smarter Kompromiss ein. Bei erwachsenen Schüler*innen zum Beispiel oder überhaupt zwischen Generationen. Dass es oft bei Schüler*innen verwendet wird, deutet aber auch darauf hin, dass es herabsetzend wirken kann. Ein Indiz ist, dass man sich nicht vorstellen kann, dass die angesprochene Person auf gleiche Weise antwortet. Das gilt übrigens nicht nur bezüglich des Alters, sondern mehr noch, wenn es um Hierarchien geht oder um das Verhältnis von Auftraggebern zu Auftragnehmern, von Kunden zu Dienstleistern etc.

Das Münchner Du
Beim Münchner Du nennt man umgekehrt jemanden beim Nachnamen, duzt ihn aber: „Frau Mustermann, kannst Du mal den Kuchen holen?“ Diese Form wird auch als „Kassiererinnen-Du“ bezeichnet. Das deutet schon an, dass das Münchner Du durchaus als herabwürdigend empfunden werden kann. Anders als beim Hamburger Sie duzt man hier ja tatsächlich jemanden. Dafür aber ist im Deutschen eigentlich immer eine vorherige Zustimmung des anderen erforderlich – wenn man nicht ohnehin sehr vertraut ist oder sogar sicher weiß, dass der oder die Angesprochene diese Anrede als charmant oder ironisch auffasst.

Warum die beiden Formen nach Hamburg und München benannt wurden, haben wir bis jetzt nicht herausfinden können. Sehr geehrte Leserschaft, wenn Du das weißt, hilf uns bitte! 😉

Wann schreibt man „Dich“ groß?

Im Grunde gibt’s hier drei Fälle, die Sie unterscheiden müssen. Wir schildern diese Fälle extrem kurz und aufgeräumt, so dass Sie sie sich leicht merken können. Beziehungsweise du dir! 😉

Von Stefan Brunn

Vorab nur ganz kurz: Natürlich muss bei der siezenden Anrede IMMER großgeschrieben werden: Sie, Ihr, Ihresgleichen. Und natürlich: Wenn es gar nicht um eine Anrede geht, sondern um die Pronomen der 3. Person Plural, muss IMMER klein geschrieben werden: „Wir bitten alle Fluggäste, ihre Wärmedecken an Bord zu lassen.“ Aber wie sieht’s nun beim Duzen aus?

Fall A: echte persönliche Anrede
Schreibt man jemanden persönlich an, kann man es sich aussuchen: groß oder klein, du oder Du. Dieser Fall kommt vor allem in Chats, Foren, SMS, Briefen und E-Mails vor. Der Duden empfiehlt die Großschreibung. Hat man sich innerhalb eines Textes einmal festgelegt, sollte man alle verwandten Formen konsequent gleichbehandeln. Also nicht: „Wir laden Dich gerne ein, aber deine Schwiegereltern nicht.“ Auch „Euch“ und „Eure“ müssen entweder einheitlich groß oder einheitlich klein geschrieben werden.

Fall B: unechte persönliche Anrede
In der Werbung, im Marketing, bei Newslettern, Editorials oder in Formularen, Fragebögen und dergleichen werden wir ja auch oft adressiert: „Lass dich verwöhnen bei Snuzzel-Tours!“ Hier handelt es sich nicht um eine echte persönliche Anrede (nicht ich bin gemeint, sondern eine Zielgruppe), daher darf hier nur klein geschrieben werden.

Fall C: Anrede in wörtlicher Rede
Natürlich wird auch in der Literatur dauernd jemand angesprochen – in Dialogen. Auch hier handelt es sich aber nicht um eine echte persönliche Anrede, weshalb auch in Anführungszeichen immer klein geschrieben werden muss.

Orthografisch ist man also auf der sicheren Seite, wenn man
a) bei allen Siez-Formen groß und
b) bei allen Duz-Formen klein schreibt.
Höflicher ist es allerdings, wenn man diejenigen, die man besser kennt (Duz-Freunde) genauso respektvoll behandelt wie diejenigen, die man siezt. Sonst ergibt sich die dumme Situation, dass man ganz unsympathische Leute groß anschreibt und liebvertraute Leute klein.