Politik braucht mehr Glaubwürdigkeit. Deshalb wäre es schön, wenn wir Politiker:innen glauben könnten, wenn sie uns Zitate zur Veröffentlichung schicken. Vielen Zitaten sieht man aber an drei Kriterien sofort an, dass sie nie ausgesprochen wurden.
An folgendem Ausschnitt aus einem Zitat eines MdB der SPD (Person und Partei sind uns aber egal, unglaubwürdige Zitate findet man allerorten) lassen sich die drei wichtigsten Kriterien der Unglaubwürdigkeit ganz gut zeigen:
„Auf wiederholten Druck der SPD legte der verantwortliche Bauminister Seehofer (CSU) im Juni 2020 einen Entwurf zur BauGB-Novelle vor, der diese Vereinbarung auch endlich umsetzt. Damit sollen, wie es auch in der Gesetzesbegründung heißt, Mieter*innen vor Verdrängung durch Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen geschützt werden. Nicht nur diese Einigung wurde nunmehr eigenständig vom Bauminister entfernt. Auch bei der enthaltenen Regelung zur Erleichterung der Anwendung von Baugeboten wird unser Koalitionspartner wortbrüchig.“
1. Kriterium: Niemand spricht mit Klammern. Anstatt „Bauminister Seehofer (CSU)“ hätte man wenigstens „Bauminister Seehofer von der CSU“ sagen können. Oder, noch besser, die beiden Infos in zwei Sätze packen.
2. Kriterium: Niemand spricht derart geschwollen – und wenn doch, dann sollte er es ändern. „Regelung der Erleichterung der Anwendung“ ist gemeißeltes Schriftdeutsch!
3. Kriterium: Das Präteritum ist im Mündlichen seit Jahrzehnten ausgestorben. Jeder normale Mensch sagt „Seehofer hat vorgelegt“ und nicht „Seehofer legte vor“. Wer das nicht glaubt, googelt mal „Präteritumschwund“.
Wir wissen natürlich auch, dass viele Zitate nicht von den MdB selbst stammen, sondern von ihrem Stab. Aber der sollte die Zitate wenigstens so schreiben, dass sie wirken wie gesprochen.
Und wo wir schon mal dabei sind: Ein solches Zitat ist viel zu lang, es müsste wenigstens mal unterbrochen werden. Außerdem sind auch die Sätze selbst zu lang. Die Einschübe müssten verschwinden. Und letztlich wäre es nicht schlecht, den Höhepunkt am Ende in einen ganz kurzen Satz zu kleiden, der hängen bleibt. Diesen hier kann sich vermutlich nicht mal der Abgeordnete selbst merken.
Stefan Brunn





„Jetzt werden sogar Fahrspuren gegendert“, hatte der Berliner AfD-Politiker Gunther Lindemann kürzlich getwittert. Das Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus hielt das Wort „Fahrspurende“ fälschlicherweise für ein Partizip Präsens, das offenbar jemand gewählt hatte, um die männliche Form „Fahrspur“ zu gendern.





manche der Totgeschriebenen ihre eigenen Nachrufe kommentierten: „Ich inhalierte sie wie Schmuggelware. Die meisten von ihnen hätte ich selber nicht halb so gut schreiben können“, soll Ernest Hemingway gesagt haben. Und Mark Twain notierte feinsinnig: „Die Gerüchte über meinen Tod sind stark übertrieben.“ Als er allerdings darum bat, man möge den Fehler rasch widerrufen, habe der Zeitungsmann das abgelehnt: „Was gedruckt ist, ist gedruckt. Wir nehmen nie etwas zurück. Alles, was wir tun können, ist, eine neue Geburtsanzeige von Ihnen einzusetzen. Preis: 1 Dollar.“

