Die Bundesregierung wollte jüngst abstimmen über einen Entwurf zum neuen Urheberrecht. Die Abstimmung wurde aber abgeblasen, denn es gibt Ärger zwischen den Ressorts. Einer der Knackpunkte: das sogenannte „Pastiche“. Wir zeigen an lustigen Beispielen, was das überhaupt ist und welche Bedeutung es hat.
Wer denkt, es gehe um Unwichtiges, der irrt: Indem juristisch definiert wird, was ein „Pastiche“ ist, werden bestimmte Darstellungsformen im Internet als frei und kostenlos darstellbar eingestuft und andere nicht. Oder, wie es so mancher YouTuber sieht: Es geht um die Freiheit des Internets (sich bei fremden Werken zu bedienen).
Das Spannungsfeld liegt zwischen
• der Freiheit, sich kreativ auszudrücken und dabei Werke anderer benutzen zu dürfen und
• der Nutzung fremden geistigen Eigentums, ohne die Urheber zu entlohnen.
Was würden Sie sagen: Sollte, wer solche Bilder schafft oder verbreitet, dafür etwas zahlen müssen? Zum Beispiel an Erben, Verwertungsgesellschaften, Firmen wie die Walt Disney Company etc.? Oder sollten solche Werke kostenlos darstellbar sein?
Es handelt sich hierbei um sogenannte „Pastiches“. Das Wort schlummert seit mindestens 50 Jahren im Fremdwörter-Duden, ist in der Allgemeinbevölkerung aber unbekannt. Am besten lässt sich der Begriff definieren durch eine Abgrenzung von Parodien:
Parodie
Bei einer Parodie behält man die äußere Form eines Werks bei, verändert den Inhalt aber so, dass ein komischer Effekt entsteht. Die Parodie dient dazu, sich über etwas oder jemanden lustig zu machen und vielleicht auch Kritik zu üben. Der Film „Tropic Thunder“ etwa ist eine Parodie auf die Darstellung des Krieges in Hollywood-Filmen. Es geht um Humor, aber auch um Kritik.
Pastiche
Beim Pastiche ist es anders als bei der Parodie. Es geht erst einmal weder um Unterhaltung noch um Kritik, sondern nur um die Nachahmung des Stils und der Ideen eines Autors. Das ist, wie man sieht, sehr weit gefasst. Ein Pastiche kann sich zusammensetzen aus verschiedensten Elementen, die man sich von anderen Werken besorgt und die man irgendwie verändert hat. Es handelt sich aber nicht um Plagiate – jedenfalls dann nicht, wenn man entweder den ursprünglichen Schöpfer erwähnt oder ihn als bekannt voraussetzen darf (wie bei da Vincis Mona Lisa). Man nutzt die Vorlagen einfach, um daraus etwas Neues zu schaffen. In diesem vorgeblichen Filmplakat etwa geht es gar nicht um den James-Dean-Klassiker oder sein Genre.
Warum ist überhaupt das „Pastiche“ als Phänomen auf einmal relevant? Weil die europäische „Pastiche-Schranke“ definiert, was erlaubt ist und was nicht. Deutsche Musiker protestierten kürzlich in einem offenen Brief gegen den aktuellen Gesetzesentwurf. Sie befürchten „einen deutschen Selbstbedienungsladen, in dem unsere Werke an jeden verschenkt werden, der ,Pastiche‘ sagt.“ Wörter definieren eben Tatsachen.
Bis Mitte 2021 muss Deutschland die europäischen Urheberrechtsvorgaben in nationales Recht umgesetzt haben. Das ist viel schwieriger, als es klingt: Vor allem muss möglichst konkret definiert werden, was man im Internet verbreiten darf, ohne mit Urhebern die Verwendung abgesprochen zu haben. Zum Beispiel kursiert derzeit ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, der die Schranken recht genau justieren würde: Bis zu 20 Sekunden eines Films, bis zu 20 Sekunden einer Tonspur und bis zu 1000 Zeichen eines Textes sollen künftig frei wiedergegeben werden dürfen. Konkret würde das zum Beispiel bedeuten, dass kurze Nachrichten bis zu 30 Zeilen wortwörtlich und ungestraft von Dritten weiterverbreitet werden dürften. Folglich könnte jeder beliebige Aggregator im Netz die Meldungen der Lokalpresse weiterverbreiten, völlig kostenlos.
Bei Bildern soll eine Grenze von 250 Kilobyte gelten. Das würde zum Beispiel fast alle Memes (die Kachelbilder bei Facebook und Instagram mit Schrift darin) erlauben. Unsere hier gezeigten Bilder liegen auch alle weit unter einem Viertelmegabyte – aber soll dieses profane Größen-Kriterium wirklich entscheidend sein?
Inhaltlich mischen wir uns in diese (mit sehr harten Bandagen geführten) Auseinandersetzung lieber nicht ein, zumal beide Seiten gute Argumente haben.