Zwei tote Zimmer auf einen Streich

MurxEs ist immer wieder peinlich, wenn man jemanden beerdigt, der noch lebt. In der Pressegeschichte ist das aber schon unzählige Male passiert. Der FOCUS hat jetzt das Kunststück fertiggebracht, gleich zwei Männer auf einmal zu verabschieden.

Vor fast 20 Jahren berichtete der Focus einmal unter der Headline „Totgesagte leben länger“ über verfrühte Nachrufe. Viele dieser peinlichen Fälle listete man damals auf: Konrad Adenauer, Ingrid Bergman, Queen Elizabeth, Heinrich Heine, Papst Johannes XXIII., Paul McCartney. Und natürlich zitiert der Focus amüsiert, wie manche der Totgeschriebenen ihre eigenen Nachrufe kommentierten: „Ich inhalierte sie wie Schmuggelware. Die meisten von ihnen hätte ich selber nicht halb so gut schreiben können“, soll Ernest Hemingway gesagt haben. Und Mark Twain notierte feinsinnig: „Die Gerüchte über meinen Tod sind stark übertrieben.“ Als er allerdings darum bat, man möge den Fehler rasch widerrufen, habe der Zeitungsmann das abgelehnt: „Was gedruckt ist, ist gedruckt. Wir nehmen nie etwas zurück. Alles, was wir tun können, ist, eine neue Geburtsanzeige von Ihnen einzusetzen. Preis: 1 Dollar.“

Sehr schöne Geschichten hatte Focus-Redakteur Axel Wolfsgruber damals für das Feature gesammelt. Heute könnte er eine Anekdote hinzufügen: Sein eigenes Blatt nämlich hat es gerade (in Ausgabe 28) geschafft, gleich zwei Männer auf einmal zu verabschieden: den einen im Bild, den anderen im Text.

Wirklich gestorben ist Dieter E. Zimmer, ein echter Kenner der deutschen Sprache und der Literatur, dessen Bücher wir jedem Zeilenhacker-Leser nur wärmstens empfehlen können – besonders „So kommt der Mensch zur Sprache: Über Spracherwerb, Sprachentstehung, Sprache & Denken.“ Dieter E. Zimmer war im Hauptberuf jahrzehntelang Kulturredakteur der ZEIT. Dieter Eduard Zimmer starb am 19. Juni mit 85 Jahren in Berlin.

Dieter Zimmer allerdings, dessen Foto der Focus beim Nachruf versehentlich dazustellte, lebt noch. Dieter Zimmer ist ebenfalls Journalist, allerdings eher bekannt durchs Fernsehen, durch Reportagen und auch als Moderator des ZDF zwischen 1972 und 2002. Nach seinem Weggang vom ZDF schrieb Zimmer ebenfalls noch zahlreiche Bücher – die Verwechslung der Redaktion ist also peinlich, aber auch ein bisschen erklärlich.

Stefan Brunn