Kategorie: Allgemein

Das gibt’s auch: Fälle, in denen Passiv besser ist als Aktiv!

Aktiv top, Passiv flop? Ohne „Täter“ muss der Leser oft Detektivarbeit leisten, um der Satzlogik zu folgen. Deshalb ist in den meisten Fällen das Aktiv besser. Manchmal ist trotzdem das Passiv vorzuziehen – dazu drei Beispiele.

Von Stefan Brunn

1. Der Akteur spielt keine Rolle

„Der Bahnhof wird um 2 Uhr nachts geschlossen.“ Hier spielt es keine Rolle, wer den Schlüssel am Bahnhofstor umgedreht hat. „Das Passiv kann dazu dienen, eine Aussage mit geringerem sprachlichen Aufwand zu formulieren“, heißt es zurecht in einer „Stilistik für Journalisten“.

„Die Ampel fiel aus und der Sachbereich 3 des Verkehrsamts ließ sie noch am selben Tag reparieren“ ist allenfalls amtsintern korrekt formuliert. Für den Bürger wäre Passiv gerade durch die Täterverschweigung einfacher und dadurch besser: „Die ausgefallene Ampel wurde noch am selben Tag repariert.“ Wer die Reparatur der Ampel veranlasst oder durchgeführt hat, wird dem Bürger wurscht sein. Wichtig ist, dass sie rasch repariert wurde.

Ähnlich sieht‘s in folgendem Beispiel aus:
„Der Staudamm wurde weggerissen.“ Das ist stark genug auch im Passiv. Man könnte natürlich auch schreiben: „Die Fluten rissen den Staudamm weg.“ Stärker wäre das jedoch nicht, denn das Wegreißen des Staudamms ist stark genug – und kürzer.

2. Das Opfer ist wichtiger als der Täter

Auch wenn der Akteur keine Rolle spielen soll, ist Passiv eine gute Wahl. In den Vordergrund gestellt werden soll manchmal ja gerade derjenige, dem etwas widerfahren ist. Auch hier ein Beispiel aus dem Buch „Stilistik für Journalisten“: „Die Gestapo verhaftete ihn, misshandelte ihn grausam und verschleppte ihn in ein Konzentrationslager.“ In diesem Satz geht es um die Taten der Gestapo. Im Endeffekt soll der Satz jedoch das Leiden des Opfers ausdrücken. Um darauf zu fokussieren, kann man das Passiv verwenden. Hat man die Gestapo zuvor bereits genannt, wäre also ein Passivsatz wie der folgende besser: „Er wurde verhaftet, grausam misshandelt und in ein Konzentrationslager verschleppt.“

3. Das Entscheidende muss nach vorne – zum Beispiel für SEO-Zwecke

Auch beim Schreiben fürs Internet und insbesondere bei der Suchmaschinenoptimierung SEO (Search Engine Optimization) kann eine Passiv-Konstruktion vorteilhaft sein. Eyetracking-Studien haben ergeben, dass Internetnutzer Texte im F-förmigen Muster (an)lesen. Dabei blicken Leser zunächst nur auf die ersten zwei oder drei Wörter eines Absatzes. Ist das Interesse geweckt, stehen die Chancen gut, dass dem restlichen Text mehr Zeit geschenkt wird. Wenn die ersten zwei Wörter eines Absatzes aber keinerlei Anreiz bieten, dann wird über den Rest hinweggescrollt oder gleich das ganze Fenster weggeklickt.

Das Objekt muss also oft an den Satzanfang. Nehmen wir dazu einen Beispielsatz: „Unsere Firma hat die 12 wichtigsten SEO-Gebote formuliert.“ So ausgedrückt, steht die Firma am Anfang – die interessiert die meisten Zielgruppen aber vermutlich weniger als die 12 SEO-Gebote. Deshalb ist es schlauer, die Gebote an den Anfang zu setzen: „Die 12 wichtigsten SEO-Gebote wurden jetzt von unserer Firma formuliert.“

Das klingt nicht so schön? Stimmt! Genau das ist der Preis, den man für eine Suchmaschinenoptimierung der Texte bezahlen muss. Theoretisch bräuchte man hier übrigens nicht mal das Passiv: „Die 12 wichtigsten SEO-Gebote hat jetzt unsere Firma formuliert.“ Hier hat man das Passiv vermieden. Stilistisch schöner geworden ist’s dadurch aber nicht.


Unterm Strich

Der Rat, Passiv müsse man immer vermeiden, ist allzu pauschal. Man darf das Passiv durchaus benutzen, wenn es gute Gründe dafür gibt.

Was kosten Zweideutigkeiten? Die Presse testet es aus!

Er ist nicht mehr unter uns (in der Öffentlichkeit). Er ist gern nackt (am Handgelenk). Er ist süchtig (nach Gummibärchen). Zweideutigkeiten wie diese gab es in der Presse schon immer. Aber die Betroffenen wehren sich zunehmend – und vor Gericht wird es für die Verlage teurer. Ein Preisvergleich von Laura Bertenburg

Als die Zeitschrift „A – die Aktuelle“ mit der Headline „Er ist nicht mehr unter uns“ titelte, ragte diese Zweideutigkeit über die Formel-Eins-Legende Michael Schumacher aus der Menge der gewöhnlichen Presse-Zweideutigkeiten heraus. In diesem Sommer nun wurde das Klatschblatt dazu verurteilt, der Familie Schumacher 100.000 Euro Schmerzensgeld für diese irreführende Titelstory zu zahlen. Die Argumentation des Verlags (Mediengruppe Funke), es handele sich bei der Headline um eine „Aussage grundsätzlicher Art“, wies das Gericht zurück.

Tatsächlich enthält die Aussage „Er ist nicht mehr unter uns“ ja verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Jeder vernünftige Mensch liest darin aber eben nicht so etwas wie „Er lässt sich kaum mehr in der Öffentlichkeit sehen“ oder „Schade, dass er sich nicht mehr unters Volk mischt“. Eine überwältigende Mehrheit wird, auch im Kontext der anderen Titelseiten-Elemente, aus dieser Headline lesen: „Er ist tot.“

Zweideutigkeiten wie diese helfen der Presse, ihren Umsatz zu steigern. Sogar die Wissenschaft ergründete diese Technik schon vor langer Zeit. Vor über 20 Jahren beschrieb ein Medienwissenschaftler, wie die Klatschpresse so etwas mit angeblichen Todesfällen von Prominenten macht. „Grace Jones vom Motorboot überfahren“ war damals eines der Beispiele – die Musikerin war natürlich NICHT gestorben.

In jüngster Zeit allerdings wehren sich die Betroffenen zunehmend juristisch. Und sie erzielen immer wieder nennenswerte Strafen für die Verlage. Die Schumachers zum Beispiel lagen schon im Februar dieses Jahres vor Gericht und erstritten damals 60.000 Euro. Das OLG Hamburg bestätigte ein Urteil des Landesgerichts. Damals insinuierte ein Funke-Blatt, dass die Schumachers „vor der Trennung“ stünden. Auch andere Verlagshäuser mussten schon zahlen in Sachen Michael Schumacher – Burda etwa für eine Headline auf dem Titel der „Bunten“. Dort hieß es: „Er kann wieder gehen …“ Diese Ente kostete die „Bunte“ 50.000 Euro. Viele Titelbilder mit solchen Schumacher-Zweideutigkeiten hat Anfang des Jahres einmal die Seite Uebermedien zusammengestellt. Titel: „Geschäftsmodell: Lügen über Michael Schumacher“.

Aber die Schumachers sind beileibe nicht die einzigen Promis, die zuletzt Schmerzensgelder erstritten haben. Vermutlich können die großen Verlagshäuser sie trotzdem noch aus der Portokasse bezahlen (die heißt allerdings inzwischen „Sorry-Kasse“). „Alkohol-Rückfall – Jenny Elvers trinkt wieder!“ lautete zum Beispiel eine Titelstory des Magazins „OK!“. Die Aussage könnte theoretisch so interpretiert werden, dass Jenny Elvers gestern überhaupt etwas getrunken habe, ein Wässerchen oder eine Limo beispielsweise. Aber eben nur theoretisch. Im Gerichtsprozess wurden Jenny Elvers jedenfalls 35.000 Euro zugesprochen. Es half auch nichts, dass die Redakteurin versicherte, bei Frau Elvers eine „Fahne“ bemerkt zu haben. Die Redakteurin musste übrigens auch einen Teil selbst zahlen.

Mehr als zehn Mal so viel musste die „Neue Welt“ berappen, weil sie berichtet hatte, Charlene von Monaco und ihr Ehegatte Fürst Albert gingen durch eine „bittere Trennung“: 400.000 Euro wurden fällig. Während die Funke-Justiziarin behauptete, es müsse sich ja im Fall dieser Headline nicht unbedingt um eine Liebestrennung des Paares handeln — Charlene war alleine zu einem Charity-Ball aufgetaucht — fand die Richterin, dass der Titel den zwingenden Eindruck erwecke, „als sei etwas Furchtbares passiert“.

400.000 Euro bekam auch Madeleine von Schweden schon mal vor Gericht zugesprochen. Die Zeitschriften „Welt der Frau“ und „Frau mit Herz“ des Klambt-Verlags hatten frei erfundene Klatschartikel über angebliche Liebesaffären, Schwangerschaften und Heiratspläne gedruckt. 86 Artikel solcher Art brachte Madeleines Anwalt vor die Richterschaft. Die befand, dass die Persönlichkeitsrechte Madeleines zum Zweck der Auflagensteigerung und Gewinnerzielung so stark verletzt worden seien, dass mit dem Richterspruch ein „echter Hemmungseffekt“ geschaffen werden müsse.

Jörg Kachelmann, der vom Vorwurf einer Vergewaltigung freigesprochen wurde, beklagte Persönlichkeitsrechtsverletzungen von „Bild“ und auf Bild.de. Das Gericht verurteilte den Axel-Springer-Konzern zu einer Schmerzensgeldzahlung von 395.000 Euro plus Zinsen (insgesamt 513.000 Euro). Das war zwar viel geringer als die ursprüngliche Forderung Kachelmanns von 2,25 Millionen Euro, aber doch eine der höchsten Schmerzensgeldzahlungen, die in deutschen Presserechtsprozessen überhaupt zugesprochen wurden.

Anders lief es zuletzt bei Joachim Löw. Der Fußball-Bundestrainer erhielt nämlich 100.000 Euro mehr als ursprünglich von seinen Anwälten gefordert — insgesamt 240.000 Euro. Diese Summe muss die Mediengruppe Funke zahlen, weil ihre Klatschblätter in elf Fällen unzutreffend und mit mangelndem „Berichterstattungsinteresse“ berichteten und in drei weiteren Fällen ungünstige und intime Fotos von seinem Strandurlaub auf ihre Titel packten. „Verliebt in seine Patentochter?!“ hieß eine von sieben Titel-Storys über Jogi Löw, um die es in dem Gerichtsstreit ging.

Auch wenn es die vielen Summen in unserem Artikel nahelegen: Nicht jede Unterstellung der Presse wird von deutschen Gerichten mit Schmerzensgeldern bestraft. Ein Beispiel: Die Schauspielerin Simone Thomalla scheiterte mit einer Schmerzensgeldklage über 20.000 Euro gegen das People-Magazin „Closer“ vor dem Oberlandesgericht München. Auf dem Closer-Titel hatte es gehießen: „Tatort-Kommissarin plötzlich mit großer Narbe im Ausschnitt – heimliche Brust-OP?“ Das Gericht sah aber den Tatbestand einer schweren schuldhaften Persönlichkeitsverletzung nicht erfüllt. Der Durchschnittsleser, so die Argumentation, lese daraus nicht zwingend die Behauptung, Thomalla habe sich einer brustvergrößernden Schönheitsoperation unterzogen. Berücksichtigt wurde auch die intensive öffentliche Selbstdarstellung von Frau Thomalla. Die Schauspielerin hatte über zwei Instanzen geklagt und musste letztlich die Kosten des Verfahrens selbst tragen.

Mit welcher Tastenkombi kriegt man das große Eszett?

Seitdem es das versale Eszett gibt, gerät man ja gelegentlich in die Bredouille, es korrekt eintasten zu müssen. Nur weiß kaum jemand, wie das geht. Unsere Autorin Laura Bertenburg schildert drei Methoden.

Copy & Paste

Wenn man das ẞ nicht oft verwendet, kann man es sich einfach irgendwo rauskopieren. Man sucht bei Google nach „großes scharfes S“ und schnappt sich das ẞ einfach aus dem ersten Beitrag – Wikipedia. Anschließend fügt man es dort ein, wo man es braucht. Die Kollegen von Typografie.info haben sogar eine eigene Kopierseite dafür angelegt: Man findet sie unter typografie.info/versaleszett. Oder natürlich gleich hier: ẞ

Unicode

Man bekommt das ẞ aber auch in Word und anderen Office-Anwendungen hin, ohne den Browser zu bemühen, per Unicode nämlich. Die Eingabe des Unicodes „1E9E“ in Word, gefolgt von der Tastenkombination Alt-C, erzeugt das große Eszett. Probieren Sie es mal aus! Es klappt auch mitten im Wort. Alternativ geht’s auch so: Alt-Taste gedrückt halten und auf dem Nummernblock die Zahlenfolge „7838“ eintippen. Fertig!

Tastaturkürzel

Wenn Sie das ẞ häufiger brauchen, dann sollten sie sich vielleicht für den dritten Weg entscheiden: ein eigenes Tastaturkürzel für den 27. Buchstaben unseres Alphabets. Mit Tools wie SharpKeys lassen sich Tasten recht einfach neu belegen. So kann man dann natürlich auch den Weg zu anderen Sonderzeichen abkürzen, zum Beispiel zum © oder zum €.

Netto versucht sich an lokaler Werbung

Die Supermarktkette Netto versucht’s in diesem Sommer mit lokaler Werbung: „Gutes aus dem Westen“ stand zum Beispiel in NRW groß auf der Titelseite – dazu Bilder vom Kölner Dom und von der Wuppertaler Schwebebahn. Unten drunter wird’s aber eher provinziell-peinlich als lokal-lebensnah …

Ein XXL-Hähnchen-Schnitzel für 1,99 Euro mit extra viel knuspriger Panade ist, zugegeben, billig. Gespart hat Netto offenbar beim Korrektorat. Konkret stören wir uns an dem Schild, welches von der Schnitzel-Packung hochgehalten wird: „Gutes aus Tönisvorest in Niederrheim“ steht drauf. Wenn man sich allerdings schon an eine Region ranwanzt wie hier Netto, dann doch bitte halbwegs korrekt!

Erstens heißt es nicht „Tönisvorest“, sondern „Tönisvorst“. Zweitens heißt es nicht „Niederrheim“, sondern „Niederrhein“. Und drittens ist das auch kein Ortsteil einer Stadt, sondern eine Stadt in einer Region – und deshalb muss es korrekt heißen: „Gutes aus Tönisvorst am Niederrhein“. Drei Fehler auf drei Quadratzentimetern, das wäre ja keine Sensation. Aber wenn man so sehr mit dem Lokalen prahlt, sollte man doch wenigstens die Orte mal gegoogelt haben. Sonst sieht’s nachher so aus, als wären die Texte gar nicht lokal geschrieben worden!

Jeden Monat liefern wir in unserem Newsletter ZEILEN|HACKER einen „Murx des Monats“ aus. Oft geht es um lustige Rechtschreibfehler, manchmal um Stilblüten oder auch um besonders dämliche Texte. Der Stoff dafür geht uns nie aus! Und ja: Wir wissen, dass man Murks nicht mit X schreibt!

Schreiben wir bald so, wie es die Maschine vorgibt?

Ein schwedisches Startup will die redaktionelle Arbeit revolutionieren: Eine neue „Story Engine“ soll viel genauer als bisher vorgeben, welche Themen in welchen Darstellungsformen und mit welchen Mitteln den Lesern schmackhaft gemacht werden.

Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte wusste man besser als heute, was die Leute gern lesen. Vor 30 Jahren fragte man die Leser einfach, was sie am liebsten lesen. Die Ergebnisse waren, natürlich, trügerisch: Wer gibt schon zu, dass er am liebsten die Unterwäscheanzeigen studiert und den Kulturteil gar nicht anguckt? Nach diesen Leserbefragungen („Copy-Tests“) kamen „Eyetracking“ und „Readerscan“. Aber auch hier befanden sich die Probanden in massiv verfälschenden Lesesituationen. Das ist inzwischen weitgehend Geschichte, man sieht im Internet viel besser, was die Leute wirklich lesen – und Analyseprogramme wie Google Analytics oder Chartbeat werten diese Daten passabel aus. Chartbeat tut das so gut, dass manche Redakteure regelrecht „chartbeatsüchtig“ sind.

Noch viel weiter als Chartbeat & Co. geht der Ansatz des Startups „Kit“ aus Stockholm. In einem Newsletter des Harvard-Instituts „NiemanLab“ haben die Gründer kürzlich die Prinzipien ihrer sogenannten „Story-Engine“ erklärt: Es geht darum, den redaktionellen Ablauf umzudrehen: erst die Maschine, dann der Autor! Gefüttert wird die Maschine zunächst mit unzähligen Daten zu bisherigen Artikeln und ihren Quoten. Erfasst wird dabei nicht nur, in welches Ressort ein Artikel fällt, etwa „Wissenschaft“. Sondern man differenziert und kategorisiert viel genauer, zum Beispiel nach „Krankheiten“ oder sogar nach „Krebs“ oder noch spezieller: „Bauchspeicheldrüsenkrebs“. Die Merkmale der Artikel werden laufend in 145 verschiedenen Klassifizierungen erfasst. Unter anderem enthalten sie auch so weiche Faktoren wie Darstellungsform, Ton, Absicht, Zielgruppe und so weiter, die man dann wieder mit den Themen kombiniert auswerten kann. Insgesamt sprechen Mitgründer Fredrik Srömberg und seine Mitstreiter von 43 Billionen Kombinationsmöglichkeiten.

Indem man die Merkmale genau erfasst, lässt sich auch besser sagen, was einen Artikel von anderen unterscheidet. Und natürlich zielt „Kit“ darauf ab, dass spätere Artikel die bisherigen Ergebnisse berücksichtigen und den Maßgaben der sich selbst aufbauenden „Story Engine“ folgen – übrigens nicht nur bei Artikeln, sondern auch auf Twitter, Facebook, Instagram oder YouTube. Die Gründer nennen als Beispiel ein Rezeptvideo, bei dem man aufgrund neuer Erkenntnisse die Darstellung stark verändert hat: Die Maschine hat nämlich herausgefunden, dass es schlecht ist, solche Videos mit einer Übersicht der Zutaten zu beginnen. Viel lieber haben es die Zuschauer, wenn die Videos direkt mit dem Rezept beginnen. Klar, dass diese Reihenfolge künftig die neue Maßgabe der „Story Engine“ für Rezeptvideos ist.

Trotz genauerer Vorgaben werden Autoren und Redakteure übrigens von der Maschine noch ermuntert, immer wieder Neues auszuprobieren. Nur so kann die „Story-Engine“ nämlich ermitteln, wie verschiedene Typen von Beiträgen bei den Nutzern ankommen. Innovation bleibt also Menschensache. Vielleicht ist das Traditionalisten ein kleiner Trost, wenn künftig die Story-Maschinen jedem Artikel Struktur und Ton vorgeben.

Die Firma Kit wurde 2014 gegründet und hat heute rund 30 Mitarbeiter, von denen etwa die Hälfte im redaktionellen Team arbeitet. Seit dem letzten Jahr bietet die Firma den Zugang zu ihren Informationen gewerblich an. Zur Gründung erhielt sie nach Angaben von „NiemanLab“ fünf Millionen Euro von dem schwedischen Medienunternehmen Bonnier.

Duden sorgt mit Adjektiv-Regeln für Verwirrung

Warum muss man ein stilles Wasser klein schreiben, darf aber ein Schwarzes Brett auch groß schreiben? Das wissen wir zwar auch nicht, aber so legt es der neue Duden fest. Unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat er eine neue Regel eingesetzt, die kaum jemand verstehen dürfte. Wir dröseln sie für Sie auf!

Von Laura Bertenburg und Stefan Brunn

Als kürzlich die 27. Auflage des Duden erschien, wurde viel über neue Wörter darin und das große Eszett diskutiert. Dabei enthält der neue Duden viel Wichtigeres: Die Großschreibung der Adjektive in Verbindung mit Substantiven wurde neu geregelt, und zwar so, wie es der Rat für deutsche Rechtschreibung vorgegeben hatte. Die neuen Regeln sind allerdings in mehrfacher Hinsicht schlecht. Sie widersprechen erstens dem bisherigen allgemeinen Sprachgebrauch. Zweitens sind sie in ihren Fallabgrenzungen so schwammig formuliert, dass man sie kaum anwenden, geschweige denn jemandem erklären kann.

Für Lehrer, die ja zwischen Richtig und Falsch genau unterscheiden müssen, sind die neuen Regeln ein echter Tritt vors Schienbein! Wenn Schüler künftig über Sicheres Verhüten schreiben oder den Einsatz Nachhaltigen Lernens fordern, könnte so mancher Pauker ganz schön ins Grübeln kommen – vielleicht sind das ja in bestimmten Fächern etablierte und feststehende Begriffe? Immerhin könnte er es nachschlagen, bevor er einen Fehler anstreicht. Allerdings nicht nur im Duden, denn der enthält längst nicht alle fachsprachlichen Begriffe.

Aber fangen wir mit der guten Nachricht zur neuen Duden-Regelung an: Wer es nicht sehr genau nimmt, für den sind die neuen Regeln eine Verbesserung. Dieser Zielgruppe raten wir: Schreiben Sie einfach alle Adjektive klein, dann machen sie recht selten Fehler. Der Duden hat nämlich viele Fälle freigegeben für die fakultative Großschreibung. Ausnahmen sind bestimmte Fälle wie Titel, Ehren- und Amtsbezeichnungen (Regierender Bürgermeister), Feier- und Gedenktage (der Erste Mai) sowie Namen aus der Botanik und Zoologie (Fleißiges Lieschen).

Eigentlich lassen sich die Problemfälle ja gut systematisieren:

1: nur klein erlaubt
2: nur groß erlaubt
3: beides erlaubt

Der Duden strukturiert die Regel D89 auch ungefähr so. Das Problem ist, dass er bei Punkt 1 auf einen gegenläufigen Punkt 3b verweist und dass diese beiden Punkte überhaupt nicht trennscharf sind. Wir ordnen die beiden Gruppen hier mal ganz sauber:

Gruppe 1 (nur Kleinschreibung erlaubt), Definition:
„Bildhafte Vergleiche, die in der Gegenwartssprache noch als solche wirken, sich also nicht verselbstständigt haben.“
Beispiele: die alten Sprachen, das stille Wasser, der blinde Passagier, die graue Maus

Gruppe 3b (sowohl Klein- als auch Großschreibung erlaubt), Definition:
„Verbindungen, die eine Gesamtbedeutung angenommen haben, die nicht ohne Weiteres aus ihren Teilen hervorgeht.“
Beispiele: der blaue (oder Blaue) Brief, der runde (oder Runde) Tisch, das schwarze (oder Schwarze) Brett

Was sollen diese komplizierten Definitionen heißen? Man hätte sich sehr gewünscht, es wäre klarer formuliert worden, idealerweise sogar schülergerecht. Aber nun denn. Mutmaßlich ist Folgendes gemeint:

• Solange man bei einer grauen Maus wirklich an eine graue, mausähnliche Person denkt, muss man das Adjektiv klein schreiben.
• Wenn man aber überhaupt nichts mehr Blaues vor Augen hat, wenn man an blaue Briefe denkt, dann darf man sie sowohl groß als auch klein schreiben.

Folgt man dieser Interpretation, müsste man bei einem blinden Passagier ja wirklich denken, er sei blind – immerhin steht er als Beispiel zu Gruppe 1 im Duden. Das aber denkt nun wirklich niemand, nicht mal ansatzweise.

Umgekehrt dürfte man bei einem runden Tisch, der beispielhaft für Gruppe 3b steht, logischerweise nicht mehr an etwas Rundes denken. Das jedoch tun viele Leute ganz bestimmt.

In jedem Fall aber sind die beiden Definitionen so wenig trennscharf, dass sie für eine Regel nicht taugen. In Germanistenkreisen ist das bereits bemerkt worden, als der Rat für deutsche Rechtschreibung (der letztlich die Verantwortung für diese und etliche andere Verwirrungen trägt) die neuen Regeln im letzten Jahr in einem Bericht (PDF-Download) vorstellte. Die Sprachkritiker der deutschsprachigen Qualitätspresse haben die neuen Adjektiv-Regeln im Duden dagegen noch gar nicht gewürdigt respektive verhackstückt. Die Nachrichtenagenturen und somit Hunderte anderer Medien in Deutschland werden ihre Adjektivschreibung ja jetzt auch umstellen müssen. Haben sie es nur noch nicht gemerkt oder ignorieren sie inzwischen die Regeln von Rechtschreibrat und Duden einfach, was glauben Sie? Wir freuen uns über Ihre Einschätzung!

Wann kommt am Ende noch ein Punkt hin?

Muss eigentlich ein Punkt gesetzt werden, wenn ein Satz zum Beispiel mit etc. aufhört? Und wo genau muss ein Leerzeichen davor oder danach gesetzt werden? Wir haben die richtigen Antworten auf diese Fragen mal auf den Punkt gebracht!

Von Stefan Brunn

1. Du A… Um dies korrekt zu schreiben, muss man hier die drei Pünktchen ohne Leerzeichen davor verwenden! Sie stehen nämlich nicht für ausgelassene Wörter, sondern für ausgelassene Buchstaben. Übrigens werden immer drei Pünktchen verwendet, egal, wie viele Buchstaben das Wort noch hat. Und natürlich, Sie haben es sich gedacht: Hier ersetzen die Punkte den Rest vom Wort „Anmutige“ …
2. So wie am Ende des letzten Absatzes müssen Sie Leerzeichen vor und ggf. nach den Auslassungspunkten eingeben, wenn ein ganzes Wort oder gleich mehrere ausgelassen werden. Oder der Satz einfach abbricht ohne … Also bitte nicht so… Sondern so … Und auch mitten im … braucht man Leerzeichen um ein ausgelassenes Wort herum.
3. Die drei Punkte am Satzende ersetzen zwar einen abschließenden Punkt. Fragezeichen oder Ausrufezeichen bleiben aber erhalten. Beispiel: Das ist ja wohl das …!
4. Wenn man mit drei Pünktchen festhalten will, dass in einer Aufzählung noch etwas fehlt und diese Aufzählung innerhalb einer Klammer steht, wird nach der Klammer noch ein Punkt gesetzt. Beispiel: Sein größter Erfolg war ein Buch über Haustiere (Auswahl, Ernährung, Pflege, …).
5. Sie wollen Abkürzungen wie „u. a.“, „o. ä.“ oder „etc.“ ans Ende eines Satzes setzen, sind sich aber unsicher, ob danach noch ein zusätzlicher Punkt steht? Hier die Regel: Wird ein Wort am Ende des Satzes mit einem Punkt abgekürzt, folgt kein zusätzlicher Punkt. Es gibt also nie zwei Punkte am Ende eines Satzes. Beispiel: Ich kaufe Bananen, Äpfel, Trauben etc.

Der, die, das – welcher Artikel ist der häufigste?

Für deutsche Substantive gibt es drei verschiedene Artikel: der, die und das. Aber welcher von ihnen kommt wohl am häufigsten vor? Und wie viele Wörter können sogar zwei oder drei Artikel haben?

Von Hannah Molderings

1. Die
Der weibliche Artikel ist im deutschen der häufigste. 46 Prozent aller deutschen Substantive haben diesen Artikel.

2. Der
Auf Platz zwei rangiert der männliche Artikel. Er steht vor 34 Prozent aller deutschen Substantive.

3. Das
Der neutrale Artikel liegt auf dem dritten Platz. Nur 20 Prozent der deutschen Substantive tragen diesen Artikel.

Übrigens: Es gibt einige wenige Worte, die zwei Artikel haben können (1,4 Prozent). Beispiele dafür sind „Virus“ (der oder das) oder „E-Mail“ (die oder das). Ein ganz kleiner Teil der deutschen Substantive kann sogar mit allen drei Artikeln benutzt werden (0,04 Prozent): „Joghurt“, „Spam“ oder „Triangel“ gehören dazu. Es gibt sogar Substantive, die ganz ohne Artikel auskommen (0,1 Prozent). Beispiele dafür sind die Wörter „Aids“, „Allerheiligen“ oder „Fernost“.

5 Buchtipps zum Fest – für die wichtigsten 5 Zielgruppen

Bücher zu verschenken ist gut. Die Auswahl ist aber nicht einfach: Es gibt schlicht zu viele davon. Wir haben die Sache mal aufs Wesentliche reduziert: jeweils einen Buchtipp für die häufigsten Fälle …

Zielgruppe 1: der eigene Partner, dem man etwas Erheiterndes schenken möchte
Es gibt Buchgeschenke, die sind eine Last. Gerade wenn ein Buch vom eigenen Partner kommt, weiß man ja, dass man es lesen muss. Um genau diesen Konflikt zu vermeiden, schenken Sie Ihrem Partner lieber etwas, was wenig Geld und wenig Zeit kostet – aber Spaß macht. Unser Tipp fürs Fest: ein fröhlich-hintergründiges Buch mit lauter Piktogrammen der chinesischen Design-Professorin Yang Liu.

Yang Liu: Mann trifft Frau. Lach- und Sachgeschichten zur Geschlechterdifferenz. 128 Seiten, 12 Euro.
+ Hintergrund
+ Alternative

Zielgruppe 2: ein guter Freund oder eine gute Freundin
In Jean-Jacques Sempés „Freundschaften“ geht’s um die vielen Facetten von Freundschaften – dargestellt in wundervollen Bildern. Dazu spricht Sempé hier mit dem französischen Kulturjournalisten Marc Lecarpentier über Freundschaften. Übersetzt hat das Buch übrigens kein Geringerer als Patrick Süskind.

Jean-Jacques Sempé: Freundschaften. 152 Seiten; 40 Euro.

+ Hintergrund
+ Alternative

Zielgruppe 3: ein Kind, das man fürs Lesen begeistern möchte
Die Geschichten vom kleinen Nick sind zu Spielfilmen und Zeichentrickfilmen verarbeitet worden. Aber vergessen Sie diese Filme – vom kleinen Nick muss man die Geschichten selbst lesen! Sie gehören zum Besten, was es in der Kinderliteratur gibt. Auch für Erwachsene lesen sie sich köstlich.

René Goscinny und Jean-Jacques Sempé: Das große Buch vom kleinen Nick. 364 Seiten; 30 Euro.
+ Hintergrund
+ Alternative

Zielgruppe 4: die eigenen Eltern
Früher war alles besser! Von wegen: Früher war vieles schlechter! Das ist Titel und These eines Infografiken-Buchs von Guido Mingels. Der Spiegel-Redakteur hat in dem Nachrichtenmagazin die Serie „Früher war alles schlechter“ betreut, in der es um Entwicklungen über lange Zeiträume geht. In dem Buch sieht man, dass sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten doch so einiges zum Besseren gewandelt hat. Am Ende des Jahres 2019, einem Jahr voller Zukunftsängste und sozialer Streitigkeiten, sorgt dieses sachliche Buch für den einen oder anderen Lichtblick.

Guido Mingels: Früher war alles schlechter. 128 Seiten; 14,99 Euro.
+ Hintergrund
+ Alternative

Zielgruppe 5: jemand, den man nicht gut kennt …
Dieses Buch gehört zu den 10 meistverkauften Büchern in den USA. Manche behaupten sogar (siehe Hintergrund), dass sich dort nur die Bibel besser verkaufe. Das Buch stand auch in Deutschland mal auf der Besteller-Liste, aber das ist Jahrzehnte her. „Wer die Nachtigall stört …“ von Harper Lee ist immer noch ein aktuelles Buch mit einer spannenden Story, berührenden Botschaften und einer einfachen, aber starken Sprache. Das Buch hat seinerzeit den Pulitzer-Preis gewonnen, es wurde mit großen Hollywood-Stars verfilmt, vor kurzem ist dazu eine ebenfalls sehr lesenswerte Graphic Novel erschienen (siehe Alternativ-Tipp). Viele Beschenkte werden es gern lesen. Es gibt zwar auch Menschen, die das Buch am liebsten verbieten würden. Aber wenn sie es so jemandem schenken, haben Sie erst recht etwas Gutes getan.

Harper Lee: Wer die Nachtigall stört … 448 Seiten; 9,99 Euro.
+ Hintergrund
+ Alternative

So viel kostet ein falscher Friedrich …

Prüfe jeden Namen zweimal, auch wenn Du sicher bist, er ist richtig! So lernen es Journalisten. An dieses Motto hätten sich besser auch einige rheinland-pfälzische Verwaltungsbeamte gehalten. Der Bund der Steuerzahler hat sie für ihre teuren Fehler bundesweit an den Pranger gestellt.

Von Stefan Brunn

Jede siebte Korrektur der New York Times gilt einem falsch geschriebenen Namen. Ja, das Blatt korrigiert tatsächlich jeden falsch geschriebenen Namen. Einen Namen in der Zeitung zu korrigieren ist allerdings auch viel billiger, als wenn man zum Beispiel einen Wahlzettel neu drucken muss. Genau das ist zuletzt in Rheinland-Pfalz mehrmals geschehen, wie der Steuerzahlerbund jüngst meldete.

Bei Wahlzetteln sind falsche Kandidaten-Namen gefährlich: Jemand könnte ja die Wahl anfechten. Eine „Aexandra“ zum Beispiel oder ein „Freidrich“. Deshalb entschlossen sich die Landeshauptstadt Mainz und einige Landkreise zum Neudruck. Das aber ist nicht ganz billig: Insgesamt wurden mehr als eine halbe Million Stimmzettel für rund 80.000 Euro neu gedruckt, berichtet der Steuerzahlerbund in seinem aktuellen Schwarzbuch. „Für das Steuergeld, das in Form der fehlerhaften Stimmzettel im Reißwolf landete, hätten sogar zwei Lektoren in Vollzeit ein Jahr lang beschäftigt werden können“, rechnet der Steuerzahlerbund vor und mahnt eine größere Sorgfalt an.

80.000 Euro: Sparsam, wie er ist, würde der Steuerzahlerbund offenbar zwei recht günstige Lektoren einstellen – aber ob die dann auch die Fehler fänden?

Regelmäßig liefern wir in unserem Newsletter ZEILEN|HACKER einen „Murx des Monats“ aus. Oft geht es um lustige Rechtschreibfehler, manchmal um Stilblüten oder auch um besonders dämliche Texte. Der Stoff dafür geht uns nie aus! Und ja: Wir wissen, dass man Murks nicht mit X schreibt – das ist ja der Witz!