Schlagwort: ironie

Drölfzig ist zurück

Drölfzig – dieses herrlich absurde Zahlwort ist zurück! Einst ein Liebling der Netzkultur, feiert es nun ein Comeback. Was steckt hinter dieser fiktiven Zahl – und warum greifen immer mehr Schreibende heute wieder darauf zurück?

Von Katrin Liffers

Gefühlte drölfzig Grad im Büro, zum drölfzigsten Mal die gleiche Leier, drölfzig E-Mails im Posteingang: Das ist natürlich keine echte Zahl – aber eine, die jeder versteht. Sie steht für „sehr viele“, „unzählige“, „gefühlt 1000“, nur eben mit mehr Humor.

Bastelspaß der deutschen Sprache
Das Wort ist ein Bastelspaß der deutschen Sprache: drei plus zwölf ergibt drölf, dazu ein augenzwinkerndes -zig, und fertig ist die wohl unpräziseste Zahlangabe der Welt. Und gerade weil sie so unpräzise ist, funktioniert sie: Wer drölfzig schreibt, übertreibt bewusst – ironisch, übermüdet, leicht genervt, aber immer mit einem Grinsen.

Ein Liebling der Ironiker – jetzt wieder in den Medien
Nach Jahren der Meme- und Forenexistenz feiert drölfzig sein Comeback. Man findet es nicht nur in privaten WhatsApps oder Tweets, sondern zunehmend auch in seriöseren Texten, wo ein Hauch Selbstironie gefragt ist. Die ZEIT schrieb zum Beispiel augenzwinkernd: „Na, heute auch schon drölfzig Koch-Videos auf TikTok gesehen?“ Und RTL titelte über einen TV-Koch: „Tim kocht gefühlt drölfzig Gerichte auf einmal.“ So wird aus einer schnöden Mengenangabe ein charmanter Seitenhieb auf Übertreibung, Dauerbeschallung oder Reizüberflutung. Perfekt geeignet für Headlines, Zwischentöne – und jede Gelegenheit, wo „eine ganze Menge“ einfach zu langweilig wäre.

Und jetzt? Einfach drölfzig Mal benutzen.
Drölfzig ist ein stilistisches Comeback mit Grinsen. Also ruhig mal gezielt einsetzen: beim Texten, Twittern, Überschriften-Basteln oder Memo-Schreiben. Wer’s versteht, lacht. Wer nicht – hat’s vermutlich schon drölfzig Mal überlesen.


Seminare Icon

Neugierig geworden?

Wir von IMKIS lieben es, Entwicklungen rund um Kommunikation und Sprache zu durchleuchten – und geben dieses Wissen auch in Seminaren weiter. Vielleicht finden auch Sie etwas in unserem Portfolio?

UNSERE SEMINARE

Die sieben Einstiege des Grauens

„Eine gute Ausbildung ist die beste Voraussetzung, um später auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein.“ Wer Binsenweisheiten wie diese an den Anfang seines Textes setzt, hat sein Publikum im Nu eingeschläfert. Wir nennen noch einige andere Tricks, wie man es gleich ganz vorn im Text versemmelt!

Von Stefan Brunn

Wir haben für Sie einmal sieben „Einstiege des Grauens“ aufgelistet. Die Einstiege kann man wahlweise in Reden oder Pressemitteilungen verwenden, in Berichten, bei Statements oder in Podiumsdiskussionen …

Nummer 1, der Klassiker, der gleich anzeigt, dass es nur um olle Kamellen geht:

Der historische Einstieg
„Ich erzähle Ihnen sicher nichts Neues, wenn ich Ihnen sage, dass es schon Bismarck nur teilweise gelang, die Öffentlichkeit aus politischen Entscheidungsprozessen herauszuhalten oder in seinem Sinne zu beeinflussen.“

Nummer 2 macht das Lesen von Anfang an zur Tortur:

Der Stolperstein-Einstieg
„Das Projekt NQ RuK – Nachqualifizierung rund um Karlsberg der Handwerkskammer für Mittelhessen hat es sich im Rahmen des Programmes ,Perspektive Berufsabschluss‘ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Ziel gesetzt, …“

Nummer 3 arbeitet sich erst mal an unwichtigsten Details ab:

Der Rahmen-Einstieg
„Anstatt der Mitglieder der Kreistagsausschüsse trafen sich am 29. November um 11 Uhr im kleinen Sitzungssaal des Landratsamtes Bernhausen Vertreterinnen und Vertreter örtlicher Sportvereine, um …“

Nummer 4 verscherzt sich sofort alle Sympathien durch stinkendes Eigenlob:

Der Selbstbeweihräucherungs-Einstieg
„Lassen Sie mich als Experten mit meiner langjährigen Erfahrung als Chief Executive Officer, die mich prädestinieren für …“

Nummer 5 fängt weit vor dem Anfang an, gern zum Beispiel bei Begriffsklärungen:

Der Definitions-Einstieg
„Zunächst einige wichtige Überlegungen zu den Termini, die im Folgenden verwendet werden …“

Nummer 6 will sich ohne Zögern ranschmeißen ans Publikum:

Der schwülstige Einstieg
„Ich habe lange darauf gewartet und es ist mir eine besondere Ehre, aus Anlass des 30-jährigen Jubiläums der Taxifahrerinnung Offenbach-Ost zu Ihnen zu sprechen …“

Nummer 7 hat das Geschäftsmodell, Eulen nach Athen zu tragen:

Der Klischee-Einstieg
„Ich begrüße Sie ganz herzlich in Frankfurt, der Stadt Goethes, der Banken und des Apfelweins …“

Wenn Sie NICHT wollen, dass jemand Ihnen zuhört oder Ihren Text liest oder Sie positiv kennenlernt, wählen oder kombinieren Sie unbedingt einen dieser sieben Einstiege – der Misserfolg ist Ihnen sicher!