Schlagwort: Pressemitteilung

Wollen Sie das Haus mit Grundstück oder ohne?

In der Pressearbeit kursieren mehrere Worte für das gleiche Werkzeug, unter anderem „Pressemitteilung“ und „Presseerklärung“. Das sind aber andere Formen, und beide haben ihre Nachteile. Wir dröseln den Unterschied für Sie in aller Kürze auf.

Von Andrea Rayers

Natürlich existieren neben „Pressemitteilung“ und „Presseerklärung“ noch andere Bezeichnungen, sogar in Fachbüchern: Manche sprechen von „Medieninformationen“ oder „Presseinfo“, andere wählen englische Begriffe wie „press release“ oder beschränken sich auf „News“ oder „Info“. Wir plädieren aber dafür, die seit Jahrzehnten etablierten Begriffe „Pressemitteilung“ und „Presseerklärung“ zu benutzen – dabei aber deren wesentlichen Unterschied zu berücksichtigen.

Im Prinzip ist es wie beim Hauskauf: Es hat seine Vorteile, wenn man sich auch um ein Grundstück bemüht. Das ist natürlich viel anstrengender und teurer, aber ohne Grundstück ist ein Hauskauf oft auch sinnlos. Wir schildern zunächst die Unterschiede und zeigen sie dann ganz konkret an Bildbeispielen.

Pressemitteilung:
Die Pressemitteilung ist im Idealfall nach der Nachrichtenpyramide aufgebaut und enthält direkt in den ersten Sätzen alle wichtigen Infos zur Neuigkeit. Im Textverlauf kommen kurze Zitate vor, in denen Sachstände eingeordnet oder bewertet werden.
Vorteil: Die Leserinnen und Leser sind in kürzester Zeit über das Wichtigste informiert. Wenn Sie Ihre Nachricht nach den Regeln einer Pressemitteilung verfassen und sie so der Redaktion auf dem Silbertablett präsentieren, haben Sie auch bei personell schlecht ausgestatteten Blättern gute Chancen, abgedruckt zu werden – der Bericht läuft dann manchmal unverändert ins Blatt bzw. auf die Website.
Nachteil: Platz für lange Statements bleibt nicht. Wenn Sie etwas wörtlich sagen möchten, sollten Sie sich in Ihren Zitaten relativ kurz fassen. Außerdem macht es natürlich mehr Mühe, eine handwerklich korrekte Pressemitteilung zu schreiben und gegebenenfalls den Kontext der Nachricht zu recherchieren.

Und jetzt im Vergleich dazu die Presseerklärung:

Presseerklärung:
Die Presseerklärung erhebt nicht den Anspruch, die wichtigste Nachricht in den Fokus zu stellen, sondern skizziert sie nur rudimentär. Stattdessen besteht die Presseerklärung hauptsächlich aus einem oder mehreren langen Zitaten von jemandem, der zu einem bestimmten Thema Stellung bezieht. Viele Politiker*innen, vor allem die MdB, bauen ihre Mitteilungen nach diesem Schema auf.
Vorteil: Sie haben viel Platz für das eigene Statement und können viele Argumente einbringen.
Nachteil: Die Redaktion bekommt nur Ihre Sichtweise auf den Schreibtisch. Das Drumherum, die eigentliche Nachricht und den Stand der Dinge muss sie sich im Zweifelsfall selbst erarbeiten. Das ist fehleranfällig und manchen Redaktionen zu viel Arbeit – und, noch schlimmer: Hat ein Konkurrent sich die Mühe gemacht und die Situation in einer Pressemitteilung aufbereitet, haben Sie das Nachsehen: Dann wird gerne die fertige Pressemitteilung – und somit die Sicht der Gegenseite – als Basis-Text genommen und im besten Fall mit einem kurzen Zitat von Ihnen ergänzt.

Und jetzt die Bildbeispiele, zunächst eine echte „Pressemitteilung“, samt inhaltlichem Framing (Grundstück sozusagen): Hier geht es nicht um die Position einer oder eines MdB beziehungsweise ein Zitat, sondern der Text bereitet diese Inhalte vor und moderiert sie. Das macht es Redaktionen viel leichter, den Text oder wesentliche Bestandteile davon zu übernehmen.

  Auch der folgende Text nennt sich „Pressemitteilung“. Genau genommen ist er aber nur eine „Presseerklärung“. Ihm fehlt das inhaltliche Framing bzw. Grundstück:

Pressemitteilungen sind in drei Jahren um 15 Prozent länger geworden!

Pressemitteilungen werden tendenziell länger, während ihre Überschriften kürzer werden. Das legt eine neue Studie nahe. Wir fassen die Ergebnisse kurz zusammen.

438 Wörter ist eine Pressemitteilung durchschnittlich lang. Wem das nicht viel sagt: Es entspricht ungefähr 3.000 Zeichen. Und wem auch das nicht viel sagt: Gibt man einen Text in dieser Länge in eine gut formatierte Muster-PM ein, erreicht man knapp das dritte Blatt, so wie in dieser Abbildung:

Woher stammt die Zahl 438? Eine Tochter der Deutschen Presse-Agentur namens „news aktuell“ hat über 30.000 Pressemitteilungen ausgezählt, um diesen Durchschnitt zu berechnen. Außerdem hat man ermittelt, wie lang die Überschriften sind: 90 Zeichen im Durchschnitt. Wenn wir so eine Überschrift in eine Muster-PM einsetzen, sieht das Ergebnis so aus:

Offenbar kümmert Pressestellen die alte Faustregel wenig, dass eine Meldung nur dann die dritte Seite erreichen sollte, wenn es wirklich etwas Wichtiges zu vermelden gibt. Und auch die Regel, dass die Hauptzeile nicht länger sein sollte als einzeilig, schert wohl die wenigsten. Beides ist übrigens dann unproblematisch, wenn es sich um gute Texte handelt: Dann lässt sich ein Text ja leicht von hinten kürzen und die Überschrift vom Redakteur auch leicht anpassen.

Gleichwohl denken viele Redakteur*innen jetzt vermutlich: Die wenigsten Pressemitteilungen sind wirklich so gut geschrieben, dass man sie von hinten kürzen und die Überschriften nur auskürzen muss. In Zeitungen jedenfalls sind Hauptzeilen deutlich kürzer.

Übrigens hat „news aktuell“ bei dieser Gelegenheit auch herausgefunden, dass die Headlines gegenüber einer vergleichbaren Erhebung vor drei Jahren leicht kürzer geworden sind: Damals war die Headline noch durchschnittlich 100 Zeichen lang.

Umgekehrt sieht es bei der Gesamtlänge von PM aus: Hier wurden aus 381 Wörtern 438 Wörter – eine Steigerung von satten 57 Wörtern oder 15 Prozent.

Ein weiteres Ergebnis der Auszählung betrifft den Versandzeitraum: Die meisten Pressemitteilungen werden donnerstags zwischen 10 und 12 Uhr verbreitet, gefolgt von Dienstag und Mittwoch. Deutlich unattraktiver sind Montag und Freitag, am wenigsten aktiv seien Kommunikatoren am Samstag, beschreibt Dr. Beatrix Ta von „news aktuell“ in ihrem Blogeintrag „Sieben Fakten zur Pressemitteilung“.

Ausgewertet wurde letztlich auch, wie stark die Zahl der Zugriffe auf Pressemitteilungen steigt, wenn diese von audiovisuellem Material begleitet werden, siehe Infografik:

Grafik: news aktuell – ein Unternehmen der dpa-Gruppe