Kategorie: Allgemein

Gemeinsam arbeiten auf die schlechte Art

Einer der ärgerlichsten Konflikte bei der Arbeit mit Texten entsteht, wenn mehrere Leute ungewollt gleichzeitig am selben Manuskript arbeiten. Am Ende stehen oft Frust oder Streit. Wir nennen die drei häufigsten Ursachen für dieses Problem.

Von Stefan Brunn

1. Ungeklärte Zuständigkeiten
Jemand schickt einen Text an mehrere Leute mit der Bitte, mal drüberzugucken. Die machen sich an die Arbeit und am Ende muss irgendjemand alle Versionen vergleichen. Je länger der Text, desto grausamer die Folgen. Das kommt sehr oft vor. Besonders gern machen diejenigen diesen Fehler, die ihn nicht selbst ausbügeln müssen, zum Beispiel Vorgesetzte oder Gestalter.

2. Arbeiten mit inaktuellem Dateistand
Jemand greift auf eine Datei an einem gemeinsamen Speicherort zu – bloß gibt es eine aktuellere Version. Das kommt zum Beispiel dann vor, wenn man eine Datei aufruft, bevor der Rechner über die aktuellste Version aus einem Netzwerk oder einer Cloud (Dropbox, Google Drive etc.) verfügt. Oder wenn die Dateiführung schlampig ist, zum Beispiel die aktuelle Datei in einem Ordner X liegt und jemand auf eine alte Version in einem anderen Ordner Y zugreift.

3. Weiterarbeiten nach Abgabe
Jemand liefert einen Text ab, dann aber fällt ihm/ihr auf, dass etwas darin nicht passt. Anstatt nun den Text zurückzuziehen, arbeitet die Person weiter am Text. In dem Moment, in dem sie oder er die neue Version abliefert, hat der Text leider schon weitere Stationen passiert, steht vielleicht schon im Internet oder ist gedruckt. Jetzt existieren mehrere Varianten und keiner kommt mehr klar. Zum Mäusemelken!

 

Die Regeln haben sich gegendert

Das Gesellschaftsspiel Scrabble hat einen neuen Stein eingeführt: Mit dem Genderstein, beschriftet mit *IN, will Hersteller Mattel ein Zeichen für gendergerechte Sprache setzen. Wie man an den Stein kommt und wie er im Spiel eingesetzt werden darf, erklären wir kurz und politisch korrekt.

Von Hannah Molderings

© Mattel Deutschland

Künftig lassen sich bei Scrabble also auch Wörter wie Forscher*in oder Leiter*in legen. Wird der Genderstein verbaut, bringt er 10 Punkte – genauso viel wie ein Q oder Y. Für besonders ehrgeizige Spieler:innen kann sich das Gendern also auszahlen.

Passend zum neuen Stein hat Mattel auch gleich eine Erweiterung des Regelwerks veröffentlicht: Der neue Stein darf nur bei personenbezogenen Substantiven verwendet werden, die in der Grundform auf –er oder –e enden. Auch für Berufe, Bewohner:innen oder Mitglieder von Gruppen kann er genutzt werden. Das Wort „Bindung“ beispielsweise darf demnach nicht mit dem *IN-Stein gelegt werden – hierzu braucht es weiterhin ein einzelnes I und N.

Jeder, der sich für den neuen Stein interessiert, kann kostenlos 4 Stück bei Mattel anfordern. Wir haben es auch mal probiert – aktuell muss man allerdings mit einer Wartezeit von bis zu 4 Wochen rechnen.

Weitere Infos: https://www.mattel.de/unsere-marken/scrabble-genderstein/

Einen wunderbaren Loriot-Sketch zum korrekten Anlegen bei Scrabble sehen Sie hier:

Ein Puma ist keine Großkatze!

In der Schule haben wir gelernt: Wortwiederholungen sind langweilig. Also greifen wir nach Wörterbüchern und suchen Synonyme. Das erhoffte Ergebnis: abwechslungsreiche Texte. Die mögliche Gefahr: inhaltliche Fehler und Verwirrung bei den Leser:innen!

Von Katrin Liffers

Ein Bericht der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) schilderte kürzlich das immer häufigere Auftauchen von Pumas in Großstädten, unter anderem in Los Angeles. Besonders ging es um den Umgang der Leute dort mit diesen „Großkatzen“. Großkatzen sind Pumas aber gar nicht, wie ein Leser des AP-Textes bemängelte: Zwar handele es sich um große Katzen, aber nach biologischer Klassifikation eben nicht um „Großkatzen“. Stattdessen gehörten sie zur Gruppe der Kleinkatzen. Für die Zuordnung in die Unterfamilien sei nämlich nicht ihre Größe ausschlaggebend, sondern ihr Verwandtschaftsverhältnis.

Ein Einzelfall, könnte man meinen. Tatsächlich passiert es jedoch häufig, dass ein Wort durch ein anderes ersetzt wird, das in seiner Bedeutung nicht mit dem ursprünglichen übereinstimmt. Der Text verliert dadurch an Genauigkeit oder, wie in unserem Beispiel, sogar an Korrektheit. Der Grund: Im Deutschen gibt es nur wenige Wörter, deren Bedeutung wirklich vollkommen deckungsgleich ist. Sogenannte „Vollsynonyme“ sind sogar äußerst selten.

Die Verwendung von Synonymen birgt aber auch noch eine andere Gefahr. Der Wechsel zwischen unterschiedlichen Ausdrücken kann die Leser:innen verunsichern und so das Textverständnis unnötig erschweren: Ist mit Bücherei und Bibliothek wirklich das Gleiche gemeint oder möchte mich die Verfasserin auf einen Bedeutungsunterschied aufmerksam machen?

Was lernen wir daraus? Natürlich sind abwechslungsreiche Texte angenehm zu lesen. Leiden dadurch jedoch Korrektheit oder Verständlichkeit, ist das übergeordnete Ziel der gelingenden Kommunikation fehlgeschlagen: Der Inhalt wird nicht mehr klar und korrekt vermittelt.
Sollte Ihnen in der Stadt nun einmal ein Puma begegnen, können Sie immerhin beruhigt ein: Es ist nur eine Kleinkatze! 😉

DIESE Sprachmarotte findest Du nur in Klickportalen!

„Anwohner flippt bei DIESEM Anblick komplett aus!“ Auf dem Boulevard werden Demonstrativpronomen oft missbraucht. Wenn Sie DIESE Marotte irgendwo sehen, machen Sie sich am besten schnell aus dem Staub. Wir zeigen drei Beispiele einer einst seriösen Tageszeitung.

Von Stefan Brunn

Es war einmal eine Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) unter der Adresse derwesten.de zu finden. Es fanden sich darin viele seriöse Inhalte für die Menschen des Ruhrgebiets und darüber hinaus. Heute findet man unter dieser Adresse ein erbärmliches Klickportal der Funke-Mediengruppe, die nach wie vor die Zeitung WAZ herausgibt. Gekennzeichnet ist das Portal von Überschriften wie dieser:

Wenn Sie DIESES großgeschriebene Demonstrativpronomen sehen, dann wissen Sie bereits: Hier ist der Boulevard des Internets! Hereinspaziert, erwarten Sie nichts Seriöses mehr!

Dabei ist dieses grammatikalische Mittel eigentlich ziemlich feines Florett: Es handelt sich um einen sogenannten Vorwärtsverweis im Text („Forward Referencing“). Wer es benutzt, verweist mithilfe der Deixis (Hinweisfunktion der Wörter) auf etwas, was gleich erst noch gezeigt werden wird: So entsteht Neugierde. Man macht es also kurz und mit extrem wenig sprachlichem Aufwand spannend. Siehe hier:

Scrennshot Headline von DerWesten.de

Wer nun wissen will, für wen andere Regeln gelten, muss klicken. Hinzu kommt: Demonstrativpronomen kann man schlecht von bestimmten Artikeln unterscheiden: Auch „der“, „die“ und „das“ können Demonstrativpronomen sein. So wie hier:

Screenshot von Headline aus DerWesten.de
Den Unterschied erkennt man vor allem an der anderen Betonung: Demonstrativpronomen werden stärker betont! Indem DerWesten sie versal setzt (in Großbuchstaben), erleichtert er nicht nur die Aussprache, sondern akzentuiert den Neugierde-Faktor noch.

Trotzdem ist das Murks! Warum: Weil so ein Kunstgriff irgendwann durchschaubar und dann auch lästig und nervig wird. In diesem Fall ist das großgeschriebene Demonstrativpronomen sogar schon zum Signum des Clickbaiting geworden.

Zugestehen muss man den Machern allerdings eines: Es muss noch genug Leute geben, die sich dadurch zum Klicken verführen lassen. Sonst würde man dieses angestaubte Florett sicher sofort fallenlassen …

Warum Keks ein Lehnwort ist und kein Erbwort

„Cooles Shirt!“ Jeder im deutschen Sprachraum versteht diese Aussage, auch wenn die Wörter so gar nicht deutsch klingen. Aber was sind sie dann? Entlehnt, eingedeutscht? Fremdwort, Anglizismus? Wir räumen für Sie im Begriffs-Wirrwarr auf.

Von Andrea Rayers

Um zu beschreiben, woher unsere Wörter kommen, sortieren wie sie in drei Schubladen: Erbwörter, Lehnwörter, Fremdwörter. In welche Kategorie ein Wort gehört, erkennt man daran, wie stark es an die deutsche Sprache angepasst ist. Hier sind die drei Schubladen im Überblick:

Erbwörter
Erbwörter unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt von den beiden anderen Kategorien: Sie sind nicht aus einer fremden Sprache übernommen worden, sondern haben ihre Wurzeln im Deutschen selbst – in der Sprache der Germanen. Allerdings stammen sie aus einer sehr alten Sprachstufe und haben sich über eine Sprachgeschichte von über 5.000 Jahren gehalten.

Beispiele für Erbwörter: Vater, Sonne, Hund, Huhn, Haustier, Nase

Lehnwörter

Lehnwörter stammen ursprünglich aus einer anderen Sprache, sind also entlehnt. Wir nehmen sie aber gar nicht als fremd wahr, weil sie sich in Aussprache, Schreibung und Flexion komplett an die deutsche Sprache angepasst haben. Man findet sie daher auch nicht im Fremdwörterbuch.

Beispiele für Lehnwörter: Fenster, Pferd, Keks, Tanz, Mauer, Küche, Frucht

Fremdwörter

Fremdwörter sind aus einer fremden Sprache nahezu unverändert übernommen worden. Sie haben sich also nicht – oder nur wenig – an die Aussprache, Schreibweise und Flexion des Deutschen angepasst. Viele Fremdwörter sind beispielsweise Anglizismen.

Beispiele für Fremdwörter: Baby, Computer, Internet, surfen, Thema, Portemonnaie, Ratatouille

Wozu Akkordeons auf Webseiten gut sind

Lange Texte auf Webseiten schrecken ab. Im Internet unternimmt man deshalb einiges, um Texte kürzer und übersichtlicher zu gestalten.  Neben sogenannten Akkordeons werden dazu auch Cluster-Techniken wie das Schichtkuchen-Prinzip oder der Lazy-Load verwendet. Wir zeigen sie im Bild!

Von Hannah Molderings

Akkordeons


Akkordeons (auch Spoiler genannt) sind dazu gedacht, Informationen hinter einer Schaltfläche zu verstecken – so lange, bis Nutzer*innen sich entscheiden, diesen Text auszuklappen und lesen zu wollen. Durch sprechende Überschriften gibt man einen guten Überblick über die Themenfelder, überfrachtet die Seite aber nicht. Es muss nicht endlos gescrollt und gelesen werden – gerade für kleinere Endgeräte ein großes Plus. Nachteile: etwas mehr Arbeit und angeblich schlechtere Position der weggeklappten Texte in Suchmaschinen.

Tabs


Tabs funktionieren ganz ähnlich wie Akkordeons. Der Unterschied: Hier werden die Oberthemen nebeneinander statt untereinander angeordnet. Im Grunde sind auch die Vorteile die gleichen: leicht konsumierbare Inhalte, mundgerecht vorbereitet. Nachteil: Auf schmalen Geräten passen die einzelnen Tabs oft nicht nebeneinander und rutschen dann in die nächste Zeile – einige Plugins wandeln die Tabs aber auf mobilen Geräten in Akkordeons um.

Infokästen

Durch Infokästen werden zwar keine Inhalte versteckt – sie helfen trotzdem dabei, Informationen leichter konsumierbar zu machen. Der Clou: Bestimmte Infos werden gezielt aus dem Haupttext herausgezogen und ausgelagert. Der Kasten hebt diese Infos gestalterisch vom Rest des Textes ab. Infokästen eignen sich also vor allem für Inhalte, die inhaltlich besser nicht Teil des Haupttextes sein oder besonders hervorgehoben werden sollen.

Schichtkuchen-Prinzip

Wenn Sie den Zeilenhacker fleißig verfolgen, sind Ihnen diese bunten Kästen sicher schon aufgefallen. Häufig bauen wir unsere Artikel nach dem sogenannten Schichtkuchen-Prinzip auf. Das heißt: Infos werden in kleinere Bereiche aufgeteilt und dann Schicht für Schicht präsentiert. Häufig wird dieses Prinzip auch für FAQ-Seiten genutzt. Der Vorteil dieser kleinen Info-Häppchen:  Jede/r kann sich die Infos rauspicken, die er/sie braucht. Wichtig: Das Schichtkuchen-Prinzip bringt nur einen Vorteil, wenn man sprechende Überschriften nutzt und sich auf kurze Texte beschränkt.

Lazy-Load

Auf Nachrichtenseiten wie dieser findet man diese Technik recht häufig. Zunächst lädt die Seite nur einen Teil der Inhalte. Scrollt man dann herunter, bilden sich weitere Inhalte aus. Das mag zunächst verwirrend erscheinen: Man glaubt, dass man bereits alle Inhalte überblicken kann und plötzlich wird die Seite immer länger und scheint gar kein Ende zu haben. Man simuliert also, dass das Ende der Seite schnell erreicht ist. Und man präsentiert seine Informationen in kleinen Portionen. Haben die Leser*innen den ersten Bereich gelesen, können sie selbst entscheiden, ob sie auch die nächsten Inhalte noch lesen wollen. Genervt vom Lazy-Load sind allerdings Leute, die auf einer Seite auch gern mal ein Ende erreichen. 😉

Ich möchte im Boden versinken!

In den sozialen Medien krakeelen viele anonyme Leute, was das Zeug hält. Wenn es zu einer Anzeige kommt, ändert sich der Ton schon mal erheblich. Wir zeigen das Beispiel eines Entschuldigungsbriefs, gerichtet an einen Arzt.

Von Stefan Brunn

Der Brief an ihn, den der oberbayrische Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. Christian Lübbers auf Twitter veröffentlicht hat, bedarf eigentlich keines langen Kommentars. Zum Hintergrund nur so viel: Dr. Lübbers schreibt kritisch über Aspekte der Homöopathie und der alternativen Medizin und hat bei Twitter über 70.000 Follower. Besonders viele Hassnachrichten erhält er, seitdem er Kinder gegen Covid impft und darüber auf Twitter berichtet. Den besagten Entschuldigungs-Brief kommentierte er auf Twitter nur mit den Worten: „Kaum klopft die Staatsanwaltschaft an …“

Streckverben ziehen alles in die Länge und sind schlecht. Meistens.

Der Beamte kann eine Kalkulation vornehmen – oder kalkulieren. Der Sturm kann Verwüstungen anrichten – oder verwüsten. Meist sind die längeren Konstrukte stilistischer Murks. Manchmal sind sie aber auch notwendig. Das gesteht ihnen sogar Stilpapst Wolf Schneider zu …

Von Andrea Rayers

„Wir werden es in Erwägung ziehen und Verzicht leisten müssen“ – merken Sie was? In diesem Beispiel haben es sich zwei Streckverben bequem gemacht und geben dem Satz einen umständlichen, behördlichen Klang. Dabei kann man sie doch durch viel einfachere, schönere Verben ersetzen: erwägen, verzichten.

Streng genommen ist das Streckverb auch nicht nur ein Verb – darauf lässt schon der linguistisch korrekte Ausdruck „Funktionsverbgefüge“ schließen: Es ist eine Kombination aus Substantiv und Verb. Die eigentliche Bedeutung aus dem ursprünglichen Verb („beschließen“) geht dabei auf das Substantiv über („Beschluss“), und das nachfolgende Verb trägt keine eigene Bedeutung („fassen“).

Jedes Streckverb ist also ein Gefängnis für ein Verb, das Sie nach Möglichkeit befreien sollten. Denn, da sind sich alle Deutsch-Stilistiken einig, je mehr Substantive ein Text hat, desto hölzerner und schwerer zu verstehen wird er.

Doch selbst einer der kritischsten Sprachstil-Lehrer, der nahezu hundertjährige Wolf Schneider, verteufelt nicht per se alle Streckverben. In seinem Buch „Deutsch für Profis“ ruft er zur Differenzierung auf: „Für ‚Erfolg haben‘ besitzen wir kein Verb, und ‚jemanden zur Verzweiflung bringen‘ ist etwas anderes als ‚verzweifeln‘.“ Man muss also von Fall zu Fall Überlegungen anstellen – äh, überlegen.

Gibt es einen Konjunktiv 3?

Konjunktiv I und II sollten weitgehend bekannt sein – aber wie sieht es mit dem Konjunktiv III aus? Gibt es diesen dritten Konjunktiv, und wofür soll er gut sein? Wir erklären kurz und bündig die unterschiedlichen Ansätze, die es dazu gibt.

Von Andrea Rayers

Die Idee ist folgende: Wenn Konjunktiv I und II nicht ausreichen, muss ein dritter her. So etwa, wenn Konjunktiv- und Indikativ-Form gleich sind und man nicht weiß, welche Form nun gemeint ist. Zum Beispiel in diesen Fällen:

1. Der Konjunktiv I ist nicht vom Indikativ zu unterscheiden: sie arbeiten – sie arbeiten.

2. Der Konjunktiv II ist nicht vom Präteritum zu unterscheiden: er hörte – er hörte.

Für diese Fälle müssen also Hilfskonstruktionen her, um klarzumachen, dass hier der Konjunktiv gemeint ist. Oder einfacher eben: ein Konjunktiv III. Dazu gibt es schon konkrete Ideen:

Die „Würde“-Form
„Ich würde arbeiten“: Die Umschreibung mit „würde“ ist die gängige und zulässige Konstruktion, wenn der Konjunktiv I oder II nicht klar herauszulesen ist – und wird auch hinter vorgehaltener Hand schon mal Konjunktiv III genannt. Da bei der „würde“-Form aber immer ein irgendwie plumper Umgangston mitschwingt, hat sie den Namen „Konjunktiv III“ wohl noch nie offiziell verliehen bekommen.

Eine ganz neue Form
Wie wäre es stattdessen mit einer ganz neuen Form, abseits des schlechten Images der „würde“-Form? Das war die Idee von Dr. Andres Löh, der von Haus aus Informatiker und Programmiersprachen-Experte ist. In seiner Vorstellung soll ein offizieller Konjunktiv III die „würde“-Form ersetzen und immer dann zum Zuge kommen, wenn Konjunktiv und Indikativ kollidieren. Löh selbst beschreibt seine Schöpfung als „ungewöhnlich, aber elegant“. Er arbeitet mit Vokalverschiebungen, so dass sich für seinen Konjunktiv III beispielsweise folgende Konstrukte ergeben:

Mit starker Verbform:
glauben > gläube, erzählen > erzöhlen, schenken > schönken

Mit schwacher Verbform, wenn es bei starken Formen wieder Verwechslungsgefahr gibt:
sagen > sagtete, zeigen > zeigtete, spielen > spieltete

Warum Fertig-Nachrufe nicht fein sind

In den Medien ist es üblich, prominenten Menschen zu runden Geburtstagen ein Porträt zu widmen. Veröffentlicht werden diese Porträts oft schon weit vor dem Geburtstag. Diese Politik kann aber nach hinten losgehen. Wir zeigen ein peinliches Beispiel.

Von Stefan Brunn

Der Grund, warum Medien den Promis oft viel zu früh gratulieren, liegt im Wettbewerb: Keine Redaktion bringt gern Inhalte, die die Konkurrenz schon Tage vorher hatte. Was also tun? Man kommt den anderen Medien zuvor! Das hat aber einige Nachteile. Der schlimmste ist gerade bei dem Künstler Jean-Jacques Sempé („Der kleine Nick“) eingetreten, dessen Geburtstag die österreichische „Kleine Zeitung“ schon einige Zeit vor seinem 90. Geburtstag feierte. Allerdings wurde Sempé nicht 90: Wenige Tage vor seinem Geburtstag ist er leider gestorben. Noch am Tag danach konnte man in der Online-Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ seine Geburtstags-Gratulation lesen – peinlich!

Interessant ist aber auch, wie die Redaktion reagierte, als sie ihren Fehler bemerkte: Sie änderte nur das Allernotwendigste in Überschrift und Text

Vorher:

Nachher:

Kann man also ganz fix aus einer Gratulation eine Kondolation machen? Ist ein Nachruf nichts weiter als ein Geburtstagsporträt im Präteritum? Tatsächlich handhaben es sehr viele Redaktionen genau so, und zwar schon seit Jahrzehnten. Wenn jemand stirbt und man hat wenig Zeit, schnappt man sich den Text vom letzten runden Geburtstag und wandelt ihn ein bisschen ab. Aber ist das auch gut?

Nein, das ist alles andere als gut und schon gar nicht fein. Ein Nachruf ist dann ein guter Nachruf, wenn er nach dem Tod eines Menschen dessen Leben in der Rückschau angemessen rekapituliert und diesem einen Menschen dabei gerecht wird. Richtig gut wird er erst, wenn auch die Gefühle des Publikums aktiviert werden, wenn es den Wert dieses Menschen erkennt und wenn es manchmal sogar ein bisschen die Endlichkeit des Seins dabei spürt. Damit hat allerdings der Automatenjournalismus, wie er hier in aller Peinlichkeit sichtbar wurde, nicht das Geringste zu tun.