Sucht man in Lehrbüchern nach den Eigenschaften guter Texte, heißt es häufig: „Prägnant“ sollen sie sein. Andere sprechen von „Kürze“ oder von „Präzision“. Das aber ist alles andere als präzise! Wir finden sogar, dass ein vierter Begriff es oft viel besser trifft.
Von Hannah Molderings
Zunächst: Wo liegt zwischen „kurz“, „prägnant“ und „präzise“ der Unterschied?
1. Kurz
Beim Kriterium „Kürze“ geht es sehr banal um die reine Textmenge. Die Kürze eines Textes kann man in Zeichen, Wörtern, Zeilen oder Seiten messen. Man versucht, einen Sachverhalt mit möglichst wenigen Worten zu schildern, zum Beispiel in 3.000 Zeichen oder auf zwei Seiten. Das bedeutet aber nicht, dass dieser Text prägnant ist. Und präzise ist er dadurch schon gar nicht.
2. Prägnant
Prägnant zu schreiben bedeutet, etwas in knapper Form sehr treffend auszudrücken, zum Beispiel mit einem anschaulichen Sprachbild: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hanns nimmermehr!“ – das bringt die Wichtigkeit frühkindlicher Bildung auf den Punkt. Oft erfüllen prägnante Texte gleichzeitig das Kriterium der Kürze.
3. Präzise
Wer präzise schreibt, erklärt einen Sachverhalt ganz genau und bis ins Detail. Da liegt es auf der Hand, dass präzise Texte meist nicht kurz sein können, denn sie müssen auch Ausnahmen thematisieren, sie müssen jedes Wort exakt definieren und so weiter. „Präzise“ wird leider oft mit „prägnant“ verwechselt.
4. Konzis
„Drück Dich bitte klarer und konziser aus!“ So mahnen französische Eltern ihre Kinder gern, wenn ihre Erklärungen zu sehr mäandern oder lückenhaft daherkommen. „Konzis“ gibt es als Fremdwort auch im Deutschen, nur ist es weitgehend unbekannt. Das ist schade, denn „konzis“ ist vielleicht sogar die wichtigste Komponente guten Schreibens: Man beschränkt sich genau auf das, was für den jeweiligen Zweck notwendig ist – und liefert nicht mehr und nicht weniger. Das ist dann zwar meist auch kurz, aber eben nicht absolut, sondern relativ zum Zweck.