Heißt es Gedichtanalyse oder Gedichtsanalyse, Essenmarke oder Essensmarke? Wann man das sogenannte Fugen-S setzt, ist umstritten. Der Sprachwissenschaftlerin Damaris Nübling zufolge wandle sich der Gebrauch derzeit „dramatisch“.
Die Zahl der Zweifelfälle, pardon Zweifelsfälle, wird größer: Immer mehr Menschen setzen zwischen zwei zusammengesetzte Wörter ein sogenanntes Fugen-S. Habe man früher bloß um ein paar wenige Wörter gestritten (vor allem Essen(s)marke und Einkommen(s)steuer), gebe es inzwischen Dutzende von Zweifelsfällen, sagt die Sprachwissenschaftlerin Damaris Nübling von der Universität Mainz. Die Gedichtsanalyse ist eines ihrer Beispiele.
Ein Autor der Badischen Zeitung hat schon vor drei Jahren zu diesem Problem weitere Linguisten gefragt und überaus aufschlussreiche Antworten erhalten. Sein Bericht in der Badischen Zeitung kommt zu dem interessanten Befund, dass es keineswegs eine klare Genitiv-Logik gibt. Stattdessen helfe das Fugen-S dem Hörer, bei der Zusammensetzung beide Wörter getrennt wahrzunehmen.
Selbst bei Dreier-Zusammensetzungen wird manchmal vorn eine S-Fuge angebracht und hinten nicht („Betriebsratmitglied“ versus „Betriebsratsmitglied“). Diese Uneinheitlichkeit gefällt vielen Leuten natürlich nicht. Besonders Leute, die es gern klar geregelt haben, leiden offenbar darunter. Damit liegen sie auf einer Linie mit Jean Paul. Der Dichter habe im Fugen-S einen Übellaut gesehen und von der „s-Krätze“ gesprochen, erzählt Andreas Frey in der Badischen Zeitung. Jean Paul wollte übrigens insgesamt die Doppelwörter abschaffen. Vielleicht hat es auch eine Rolle gespielt, dass er selbst Lehrer und Lehrer(s)sohn war …