10 Zutaten, die politische Texte erfolgreich machen

Manchmal geht es bei einem Text wirklich um die Wurst. Ein Beispiel war zuletzt die Rede Ursula von der Leyens im Europäischen Parlament – ihre ganze Zukunft hing daran. Für solche Fälle haben wir einmal ein Listicle-to-go vorbereitet.

Von Stefan Brunn

1. Versprechen Sie was!
Ihr Erfolg hängt vor allem davon ab, ob Sie viel versprechen. Außerdem davon, ob man Ihnen das glaubt/zutraut. Und schließlich davon, ob dem Publikum selbst etwas an Arbeit aufgebürdet wird. Halten Sie dieses Kosten-Nutzen-Verhältnis immer im grünen Bereich.

2. Sie müssen selbst sympathisch sein.
Egal, wie gut Ihr Text ist: Als Kotzbrocken werden Sie niemals politischen Erfolg haben! Bloß: Wie wird man den Leuten sympathisch? Dazu gehört zum Beispiel, nicht offensichtlich anzugeben – daran scheitern schon viele. Stattdessen sind Bescheidenheit und Originalität gefragt, vielleicht sogar gepaart mit einer ganz kleinen Prise Tollpatschigkeit bei gleichzeitiger zarter Selbstironie. Ach, wenn wir das so genau wüssten …

3. Liefern Sie neue Informationen, überraschende Perspektiven, irgendwas Interessantes!
Wenn Sie alte Hüte verkaufen, ist Ihnen der Misserfolg sicher! Recherchieren Sie deshalb so lang, bis Sie viel Interessantes haben. Ganz sicher gibt’s da was, aber es erfordert eben Fleiß und Einfallsreichtum, es auszubuddeln.

4. Vergessen Sie die Viral-Bonbons nicht!
Von 500 Zuhörern sind oft nur 5 für den Erfolg entscheidend: die Leute von der Presse oder sonst jemand, der den Kreis vertausendfacht. Für diese Gruppe bereiten Sie zum Beispiel eine mitreißende Metapher vor, die zwar nur einen Bruchteil Ihrer Rede ausmacht, aber wegen ihrer Originalität weitergepostet wird ohne Ende. In die Rede selbst stecken Sie nur zwei Stunden Arbeit, in das Suchen nach der tollen Metapher (es können auch coole Sprüche sein oder schockierende Zahlenspielereien o. ä.) stecken Sie dagegen zwei Leute für zwei Arbeitstage.

5. Vergessen Sie trotzdem das Handwerk nicht!
Was hilft das schönste Mosaik, wenn die Fliesen am Boden krumm liegen?! Jeder erfolgreiche politische Text sollte den gängigen handwerklichen Regeln professionellen Schreibens genügen. Also solch profanen Dingen wie Satzbau, Wortwahl, Gliederung, Ton, Rhythmus und so weiter. Wenn Sie sich dann noch kurz fassen und die Leute nicht langweilen, dann ist schon vieles gewonnen. Die wenigsten halten sich dran.

6. Überschätzen Sie nicht die Aufmerksamkeit Ihres Publikums!
Die meisten politischen Texte werden in der völlig irrigen Annahme geschrieben, dass jeder sie zu 100 Prozent konzentriert aufnimmt. Als wenn jeder jeden Text gedanklich mitschneiden und nebenbei noch auslegen würde wie der Pfarrer die Bibelstellen. Von wegen! Ein erfolgreicher Text geht vom Gegenteil aus: dass nämlich immer nur ein Ohr hinhört. Und deshalb braucht Ihr Text eine glasklare Gliederung, die Sie elegant immer wieder aufnehmen. Geschickt bauen Sie außerdem gewisse Redundanzen ein, wiederholen in unterschiedlichen Worten Ihre Kernbotschaft immer wieder und bauen mit Aufmerksamkeitsfängern etliche Brücken, um zumindest das Wesentliche in Kopf und Herz des Publikums zu versenken.

7. Bringen Sie sich selbst als Person ein!
Die Geschichte vom eigenen Bruder, vom Freund eines Freundes, von Ihnen selbst: Sowas gehört einfach dazu. Wenn Sie sich selbst und Ihr Umfeld immer außen vorlassen, dann wundern Sie sich nicht, wenn man Sie auch außen vorlässt.

8. Lassen Sie rhetorisch die Muskeln spielen!
Es ist ja so einfach, die Leute zu beeindrucken: Schon bei einem kleinen Dreisatz plus Anapher glauben die Leute, dass Sie professionell schreiben können: „Unsere Expertinnen sind nah dran an der Sache. Unsere Expertinnen kennen sich aus mit der Sache. Und unsere Expertinnen helfen auch Ihnen mit der Sache!“ Oder Sie hauen mal eine Vossianische Antonomasie raus: „Der Albert Hopfner, das ist doch bloß ein Tim Wiese der FDP!“ Es gibt zahllose rhetorische Mittel, die Sie in der Schule gelernt haben – warum verwenden Sie davon nicht mal ein paar im Berufsleben?

9. Weg mit „Zeitnah“ und „Schienenersatzverkehr“ – werden Sie konkret!
Die allermeisten politischen Texte bleiben viel zu blass, weil man sich mit ihnen nicht festlegen will. Abstrakte Formeln statt konkrete Zahlen, Oberbegriffe statt Beispiele, Personen statt Menschen. Wer unanschaulich schreibt, wer keine Bilder in den Köpfen der Leute entstehen lässt, dessen Text geht zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. So hat man zurecht keinen Erfolg.

10. Ihre Argumentation muss plausibel sein.
Niemand sagt, dass Sie Recht haben müssen. Aber Sie müssen gute Argumente haben und sie in sich schlüssig miteinander verbinden. Eine gute argumentative Basis kann man letztlich allein durch die anderen Punkte nicht wettmachen. Und das ist ja auch irgendwie beruhigend!