Was zum Teufel ist ein Rhema? In 3 Minuten wissen Sie’s …

Theorie klingt erst mal grau. „Theorie der Informationslinguistik“ erst recht. Aber wir machen diese interessante Thema-Rhema-Theorie gaaanz leicht verdaulich, versprochen!

Von Stefan Brunn

Kurze Wörter, kurze Sätze: So, heißt es, schreibt man stilistisch am besten. Das stimmt zwar im Großen und Ganzen, aber es stimmt natürlich nicht ganz. Der Inhalt zum Beispiel spielt ja auch noch eine Rolle. Und die Verbindung zwischen den Sätzen muss auch stimmen. Beides zusammen sind die Bausteine der sogenannten Thema-Rhema-Theorie.

Hinter dieser Theorie steckt die Annahme, dass Texte dann verständlicher sind, wenn in ihren Sätzen immer zunächst das Bekannte mitgeteilt wird, darauf aufbauend etwas Neues, was dann wiederum als Grundlage für das nächste Neue erwähnt wird.

Im folgenden Beispiel steht TH1 für das erste Thema (hier „ich“), zu dem eine Aussage erfolgt. Diese Aussage wird nun als „Rhema“ bezeichnet. „Rhema“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „das Hinzugefügte“. Manche Forscher sprechen auch von „Kommentar“ oder von einem „kommunikativen Prädikat“ oder vom „Kern der Aussage“. Hier lautet das Rhema: „lese gern Comics“.

Wie Sie sehen, wird in der Domino-Kette hier Rhema 1 zu Thema 2. Dann wird Thema 2 zu Rhema 2 und so weiter.

Warum ist das überhaupt stilistisch relevant? Nun, kurze Sätze allein machen noch keinen süffigen Stil aus. Wir müssen die Informationen dem Publikum ganz allmählich nahebringen, indem wir sie sauber einführen und miteinander verketten. Sonst stehen die Informationen und die Sätze stumpf nebeneinander – und wir überlassen die logische Arbeit dem Publikum.

Journalisten haben es übrigens oft anders gelernt: Sie ziehen in einem Satz gern das spannendste Element an den Anfang, oft ist es das Spezifische oder Neue. Man nennt dieses rhetorische Mittel „Inversion“. Es sorgt aber erstens oft für einen unschön klingenden Satz und es verstößt zweitens oft gegen das Thema-Rhema-Prinzip. In dem Buch „Die Nachricht“ von Josef Ohler und Dietz Schwiesau gibt es dafür ein recht einleuchtendes Beispiel:

„Seinen siebten Saisonsieg hat Formel-1-Weltmeister X beim Rennen auf dem Nürburgring herausgefahren.“

 
Ohler und Schwiesau bemängeln zurecht, dass dies geschraubt klingt und einer logischen Informationsweitergabe widerspricht. Besser wäre sicher: „X hat beim Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring wieder gewonnen – in dieser Saison siegte der Weltmeister schon zum siebten Mal.“ Das allerdings klingt für Journalisten fast nicht mehr journalistisch, so verankert ist die Inversion schon im Branchenduktus.

Auch in der folgenden Nachricht verstößt ein Satz gegen die Thema-Rhema-Reihenfolge. Erkennen Sie, welcher es ist? Die Auflösung finden Sie weiter unten auf dieser Seite …

Einige weitere Beispiele dieser Art finden Sie in dem Buch „Nachrichten – klassisch und multimedial“ von Dietz Schwiesau und Josef Ohler oder unter folgendem Link:

Wer mehr wissen will zur Theorie, dem empfehlen wir noch zwei weiterführende Aufsätze:

*Auflösung: Der Satz, der mit dem A beginnt, verstößt gegen die Thema-Rhema-Reihenfolge. Wenn man genau nach dem Thema-Rhema-Thema-Prinzip verfährt, muss es heißen: „Diese Bakterien“ sind [auch] im menschlichen Körper weit verbreitet.“