Verstörendem Inhalt kommt die Zeitung nur mit verstörendem Satzbau bei!

Die Süddeutsche Zeitung hat den Anspruch, die beste überregionale deutsche Tageszeitung zu sein. Viele Redakteure sind Journalistenschüler, die den guten Satzbau praktisch mit der Muttermilch aufgesogen haben müssten. Müssten.

Von Stefan Brunn

Gefühlte 1.000 Mal war schlechter Satzbau selbst schon Thema in der Süddeutschen Zeitung, manchmal im „Streiflicht“, aber auch sonst, vor allem in der Kolumne „Sprachlabor“ von Hermann Unterstöger. Man muss der Süddeutschen zugute halten, dass sie dort und auch sonst immer mal wieder Selbstkritik am eigenen Stil übt. Das ist sehr sympathisch, denn wer schafft es schon, täglich höchsten Ansprüchen zu genügen. Außer natürlich SZ-Mitarbeiter Wolf Schneider. Der Stil-Papst, früher Leiter der Hamburger Henri-Nannen-Journalistenschule, hat einmal toll formuliert, wie lang ein Satz sein darf: „So lang, wie ihn unser Atem trägt.“ Das ist tatsächlich klüger als die alte Faustregel: 15 bis 20 Wörter dürfe ein Satz höchstens haben.

Vor einigen Tagen fanden wir nun folgenden Satz in einer Analyse der Süddeutschen zur Ukraine-Affäre von Donald Trump. Unter dem Titel „Das Netz um Trump zieht sich zu“ hieß es:

„Genau schildert der Whistleblower, den US-Medien noch am Tag, da seine Beschwerde publik wurde, als Geheimdienstmitarbeiter enttarnten, der zeitweise ins Weiße Haus abgeordnet war, nicht nur den verstörenden Verlauf des Telefonats.“

 
Diese unfreiwillig komische Girlande stammt von Reymer Klüver, Ressortleiter „Thema des Tages“ der Süddeutschen. Klüver hat übrigens seine journalistische Ausbildung auch an der Henri-Nannen-Schule für Journalisten absolviert. Wie man sieht, verhindert das keine Sätze, die den Atem stocken lassen. Aber nicht nur der Atem kommt nicht mehr mit, sondern auch das Gehirn!

Abschließend noch ein kleiner Tipp: Je weniger man Sätze verschachtelt, desto geringer ist auch die Gefahr von Komma-Fehlern! ☺

Regelmäßig liefern wir in unserem Newsletter ZEILEN|HACKER einen „Murx des Monats“ aus. Oft geht es um lustige Rechtschreibfehler, manchmal um Stilblüten oder auch um besonders dämliche Texte. Der Stoff dafür geht uns nie aus! Und ja: Wir wissen, dass man Murks nicht mit X schreibt – das ist ja der Witz!