Die Sparkasse schließt Filialen, vor allem auf dem Dorf. Das drückt sie in Briefen an ihre Kunden aber so aus, als würde sie etwas ganz Großartiges tun. Man nennt das „Framing“. Früher hatte man dafür einen anderen Begriff.
Was lernen wir vom Autor dieser Zeilen?
1. Es ist nicht immer klug, mit der Tür ins Haus zu fallen. Hier zum Beispiel wird es bewusst vermieden. Folgende Überschrift würde ja wirklich nicht gut klingen: „Wir gehen mit der Zeit. Und Sie lassen wir zurück!“ Wenn man etwas verbergen möchte, sollte man erst mal lang reden und erst dann mit der Sache rausrücken, wenn schon keiner mehr zuhört.
2. Positive Worte erzeugen zwei Gefühle: Wohligkeit und Langeweile. Beides ist hier gewollt. Der Text färbt die Nachricht (Ihre Filiale schließt, Sie müssen jetzt zur Sparkasse ins Nachbardorf) mit viel floskelhaftem Selbstlob ein und dreht die Argumentation um: Wir verändern viel, damit Sie morgen überhaupt noch persönliche Services genießen können, wenn auch nicht mehr in jedem Dorf. Wer diesen Text liest, der hat am Ende vor lauter Geschwafel längst auf Durchzug gestellt und bekommt womöglich gar nicht mehr mit, dass er demnächst vor geschlossenen Türen steht. Aber der Ton, der war schön. Und der Ton macht bekanntlich die Musik!
3. Es gibt aber einen großen Haken an der Sache: Wenn wir merken, dass ein Text etwas verstecken will, dann wird uns der Absender unsympathisch, er verliert unser Vertrauen. Dann klingen die Worte auf einmal höhnisch in unserer Übersetzung:
„Auch die Finanzbranche […] muss mit neuen Konzepten antworten.“
Tolles, sehr modernes Konzept: Wir schließen Filialen.
„Was zählt, ist der persönliche Draht zu echten Menschen vor Ort.“
Sind da die Menschen gemeint, die entlassen werden?
„Bei der Sparkasse Krefeld haben Sie alles in Ihrer Hand.“
Vor allem können Sie jetzt die Füße in die Hand nehmen, um zu uns zu kommen!
Aus dieser höhnischen Perspektive sieht man den Brief der Sparkasse in einer Linie zu Verlautbarungen der DDR-Staatsregierung. Die Wahrheit entdeckt man nur zwischen den Zeilen. Wir sind sicher, dass die Sparkasse genau weiß, wie sie rhetorisch ihre Filialschließungen abfedert. „Framing“ nennt man das heute. Früher hat man es „Vertuschen“ oder „Verarschen“ genannt.